Das Bundesverfassungsgericht hat ihr Urteil gefällt: Die Partei Die Heimat, die früher als NPD bekannt war, erhält für sechs Jahre keine staatlichen Zuschüsse.
Die rechtsextreme NPD, die sich inzwischen Die Heimat nennt, wird von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe entschieden.
Die Partei wurde 2017 nicht verboten, weil sie ihre verfassungsfeindlichen Ziele nach Auffassung des Gerichts mangels Einfluss nicht erreichen könnte. 2019 stellten Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat den Antrag auf Ausschluss von der Parteienfinanzierung. (Az. 2 BvB 1/19)
Parteien bekommen Zuschüsse, wenn sie bei Wahlen genügend Stimmen erhalten. Das war bei der NPD beziehungsweise Heimat zwar zuletzt nicht mehr der Fall. Sie profitierte aber noch von Steuervergünstigungen. Verfassungsfeindlichen Parteien können Staatsgelder für zunächst sechs Jahre gestrichen werden. Entscheiden muss das Bundesverfassungsgericht – am Dienstag zum ersten Mal überhaupt. Das Urteil wird auch mit Blick auf die AfD mit Spannung erwartet, denn es wird diskutiert, ob ein solches Verfahren auch gegen die AfD möglich wäre.
Bas: „Staatspolitisch von großer Bedeutung“
Bei der mündlichen Verhandlung im Juli vergangenen Jahres hatte es einen Eklat gegeben, weil kein Parteivertreter erschienen war – laut Gericht ein einmaliger Vorgang. Ein Parteisprecher kündigte an, auch zur Urteilsverkündung werde niemand kommen.
Auf ihrer Internetseite hatte Die Heimat damals erklärt, sie lasse sich nicht „zum Statisten einer Justiz-Simulation machen“. Die Verhandlung werde zu einem „Schauprozess verkommen“. Da es keine Anwesenheitspflicht gibt, verhandelte das Gericht weiter.
Nach Worten von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ist das Verfahren „staatspolitisch von großer Bedeutung“. Es sei der Bevölkerung noch nie zu erklären gewesen, dass Verfassungsfeinde mit Steuermitteln unterstützt würden. Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang sagte, die Behörde habe zahlreiche Belege dafür vorgelegt, dass die Partei nach wie vor verfassungsfeindlich sei. Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung erläuterte, die Partei lehne die gegenwärtige Demokratie grundsätzlich ab, mache aus ihrer Verfassungsfeindlichkeit auch keinen Hehl und vermisse schmerzlich die Volksgemeinschaft.
Auf AfD übertragbar?
Sollte das Verfassungsgericht Die Heimat von der Parteienfinanzierung ausschließen, könnte das eine Blaupause für die AfD sein. CSU-Chef Markus Söder beispielsweise hat diese Option schon in der aktuellen Debatte um ein mögliches AfD-Verbot angesprochen.
Allerdings müsste das Gericht auch für den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung feststellen, dass die AfD verfassungsfeindlich ist – die Kriterien sind also weitgehend dieselben. Einziger Unterschied: die sogenannte Potenzialität zur Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die für ein Verbot erforderlich ist – und die das Gericht bei der NPD 2017 eben nicht gesehen hatte.
Im Vergleich zu einem Parteiverbot ist ein Finanzierungsausschluss nach Einschätzung von Experten das stumpfere Schwert, weil die betroffene Partei weiter am politischen Wettbewerb – also auch an Wahlen – teilnehmen dürfte. Und die AfD bekäme auch im Zuge des Finanzierungsausschlussverfahrens eine Bühne und könnte sich als Opfer stilisieren – Argumente, die Gegner eines Verbotsverfahrens wie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) anführen.
Parteienrechtlerin: „höchst problematisch“
Parteienrechtlerin Sophie Schönberger sagte dem „Handelsblatt“: „Eine Situation, in der dauerhaft ein nicht verbotener und vergleichsweise erfolgreicher Akteur im politischen Wettbewerb nicht unter denselben Wettbewerbsbedingungen agieren kann wie die anderen Parteien, halte ich unter demokratischen Gesichtspunkten für höchst problematisch.“
Die ehemalige Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstag), die Voraussetzungen für einen Finanzierungsausschluss seien „nicht weniger anspruchsvoll als die Voraussetzungen für ein Verbot“. Der Verfassungs- und Verwaltungsrechtler Michael Brenner von der Friedrich-Schiller-Universität Jena gab in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Dienstag) zu bedenken, dass ein Verfahren zum Ausschluss der AfD von der staatlichen Finanzierung Jahre dauern könne.