Das Treffen von Rechtsextremen in Potsdam weckt bei Innenministerin Nancy Faeser schlimme Erinnerungen. Ein AfD-Verbot sieht sie aber skeptisch.
Das Treffen vom Rechtsradikalen mit AfD-Mitgliedern in Potsdam hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser an die Wannseekonferenz der Nationalsozialisten erinnert. „Das weckt unwillkürlich Erinnerungen an die furchtbare Wannseekonferenz“, sagte die SPD-Politikerin der Funke Mediengruppe (Samstag). Dabei wolle sie beides nicht gleichsetzen. Was hinter harmlos klingenden Begriffen wie ‚Remigration‘ versteckt werde, sei die Vorstellung, Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer politischen Haltung massenhaft zu vertreiben und zu deportieren, so Faeser.
Nach Recherchen des Netzwerks Correctiv fand am 25. November in Potsdam ein Treffen von Rechtsradikalen statt. Unter den Teilnehmern waren auch mehrere AfD-Politiker sowie Mitglieder der CDU und der rechtskonservativen Werteunion. Der ehemalige Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hielt dabei eine Rede zum Thema „Remigration“. Dieser Begriff wird von Rechtsextremisten oft verwendet, um die Rückführung von Menschen ausländischer Herkunft unter Zwang zu fordern. Der Begriff erinnert an die Pläne zur Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas während der Wannseekonferenz im Jahr 1942.
Scholz: Angriff auf unsere Demokratie
Nichts anderes kommt in den abstoßenden Umsiedlungsplänen der Extremisten zum Ausdruck“, sagt er in der neuen Ausgabe seiner Videoreihen „Kanzler kompakt“, die am Freitag veröffentlicht wurde. „Sie sind ein Angriff auf unsere Demokratie – und damit auf uns alle.“
Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) hat Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang aufgefordert, den Fall zu prüfen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Ein AfD-Verbotsverfahren sieht Faeser skeptisch. „Unsere Verfassung sieht dieses schärfste Instrument der wehrhaften Demokratie zurecht als Ultima Ratio vor.“ Es gebe sehr hohe Hürden. Bei entsprechender Sachlage könne dies niemand ausschließen. In der politischen Auseinandersetzung sei dies jedoch kein Mittel. „Wenn sich Menschen einer solchen Partei zuwenden, müssen wir dafür werben, dass diese Menschen zu den demokratischen Parteien zurückkommen.“
90 Demonstrationen gegen rechts am Wochenende
Nach den Enthüllungen über ein Geheimtreffen von Rechtsextremen und AfD-Politikern zur massenhaften Vertreibung von Menschen aus Deutschland steigt die Zahl der Protestaktionen gegen rechts weiter an. Für das Wochenende sind in einer Vielzahl großer und kleinerer Städte insgesamt rund 90 Kundgebungen angemeldet, wie aus einer Auflistung des Portals Zusammen gegen Rechts mit Stand vom Freitagmittag hervorgeht. Allein in München riefen mehr als 200 Organisationen zu einer Großdemonstration am Sonntag auf.
Weitere Namen an die Öffentlichkeit gekommen
Mittlerweile kamen auch neue Details zu den Teilnehmern der Rechtsextremen-Konferenz und deren Umfeld zu tage. Bei den neuen Vorwürfen geht es laut dem Medienhaus Correctiv um einen Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt und um angebliche Aktionen gegen linke Aktivisten. „Ich werde das Gespräch mit Jan Wenzel Schmidt suchen“, teilte Chrupalla, der Partei und Fraktion gemeinsam mit Alice Weidel leitet, am Donnerstag auf Anfrage mit. Der Mitarbeiter sei kein Parteimitglied, sagte Chrupalla der Deutschen Presse-Agentur.
Correctiv hatte recherchiert, dass ein rechtsextremer Aktivist namens Mario Müller auf dem Treffen in Potsdam einen Vortrag gehalten haben soll, in dem er stolz behauptete, polnische Hooligans auf einen linken Aktivisten angesetzt zu haben. Mehr dazu lesen Sie hier. Müller ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Schmidt.