Trainer-Legende Friedhelm Funkel tadelt im Interview den BVB und Schalke, lobt aber seinen Ex-Klub VfL Bochum. Ihn selbst zieht es zurück auf die Bank.
Den BVB sieht er unter brutalem Druck, beim VfL Bochum läuft dagegen vieles richtig gut – und bei Schalke 04 steht er vor einem großen Rätsel: Zum Auftakt der Rückrunde spricht Trainer-Legende Friedhelm Funkel im Interview mit t-online über die Klubs aus dem Ruhrgebiet und bewertet deren Entwicklung. Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass es ihn selbst auch mit 70 Jahren wieder zurück auf die Bundesliga-Bank zieht.
t-online: Herr Funkel, war der BVB für Sie die größte Enttäuschung der Hinrunde?
Friedhelm Funkel: Der BVB ist neben Union Berlin aktuell die Mannschaft, die am meisten von ihren eigenen Ansprüchen entfernt ist. In der Bundesliga und im DFB-Pokal ist es alles andere als optimal gelaufen. Es gab in der Liga nur zwei Siege aus den letzten neun Spielen – das sind nicht die Ansprüche von Borussia Dortmund. 15 Punkte hinter dem Tabellenführer – damit kann niemand zufrieden sein!
Trauen Sie der Borussia in der Rückrunde die Trendwende zu?
Der BVB ist in den nächsten Wochen verdammt, zu gewinnen. Man spielt gegen Mannschaften, die eher aus dem zweistelligen Tabellenbereich kommen – nach Darmstadt jetzt Köln und Bochum, dann Heidenheim. Diese Spiele muss der BVB gewinnen. Kommt man nicht in die Champions League, wird es in Dortmund sehr unruhig. Ich traue ihnen das zu, aber sie müssen jetzt Ruhe hineinbekommen. Und sie müssen Ergebnisse liefern.
Der BVB hat sein Trainerteam mit Nuri Sahin und Sven Bender aufgerüstet. Holt sich Edin Terzić damit nicht Konkurrenz ins eigene Haus?
Das ist für mich eine absolut verständliche Aktion. Wenn du als Cheftrainer selbst stark genug und selbstbewusst bist, dann ist dieser Schritt nachvollziehbar. Man sollte die Ex-Spieler auch nicht als Konkurrenz sehen, das ist mir zu negativ. Ich habe auch immer starke Trainer an meiner Seite gehabt, ob Peter Herrmann oder Armin Reuterhahn. Und ich sage bewusst nicht Co-Trainer, weil sie – wie auch Sahin und Bender in Dortmund – bei mir zumeist das Kommando auf dem Platz gehabt und das Training geleitet haben.
Auch am Kader gab es im Winter Korrekturen – ein notwendiger Schritt?
Man hat wohl gemerkt, dass auf der linken Abwehrseite Nachholbedarf besteht und Ian Maatsen verpflichtet. Bensebaini war defensiv nicht konstant genug, von ihm hat man sich sicher mehr versprochen. Offensiv ist Jadon Sancho eine enorme Verstärkung. Zu diesem Preis-Leistungs-Verhältnis musste man ihn holen. Zumal man mit Adeyemi auf der Außenposition einen Spieler hat, der sehr oft verletzt ist. Die jungen Spieler wie Bynoe-Gittens sind hochtalentiert und machen es richtig gut. Aber ein Sancho ist ein anderer Typ und kann noch mal ganz andere Impulse setzen.
Sie trauen Sancho zu, dass er an seine Glanzzeiten in Dortmund anknüpft?
Die Verpflichtung von Jadon Sancho war ein besonderer Coup. Man sieht ihn direkt wieder lachen und ich bin sicher, dass er sehr stark einschlagen wird. Er kennt den Trainer, er kennt einen Großteil der Mitspieler, er kennt das Umfeld – das bewirkt viel bei einem Spieler, der ein Weltklasse-Potenzial hat und das zuletzt nicht abrufen konnte. Er wird in Dortmund mit offenen Armen empfangen, das tut ihm gut. Man kann sich vorstellen, was im Stadion los ist, wenn er wieder vor der Südtribüne spielt. Da blüht so ein Spieler auf.
Ein paar Kilometer weiter schreibt Ihr Ex-Verein deutlich positivere Schlagzeilen als der BVB. Welchen Eindruck hat der VfL Bochum bislang bei Ihnen hinterlassen?
Der VfL wirkt in sich sehr stabil und wird die Liga halten, da bin ich mir ganz sicher. Die Bochumer haben einen ausgezeichneten Trainer, eine gute Mannschaft und im Verein herrscht Ruhe. Dazu ist das Stadion einfach eine Wucht. Wenn es sehr gut läuft, kann der VfL um Platz zehn mitspielen. Wenn es nicht so gut läuft, wird es Platz 13, 14 oder 15. Aber ein Abstieg ist aus meiner Sicht kein Thema.