Neue Details zum Treffen von Rechtsextremen mit AfD- und CDU-Mitgliedern in Potsdam: Ein Mitarbeiter eines AfD-Politikers soll sich dort mit Gewalttaten gegen politische Gegner gebrüstet haben.
Das Medienportal Correctiv hat neue Details zu dem Treffen von Rechtsextremisten und Politikern von AfD und CDU veröffentlicht: Bei dem Treffen soll neben dem bekannten Rechtsextremisten Martin Sellner auch Mario Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt, über die Bekämpfung der linken Szene gesprochen haben.
In seinem Vortrag soll der 35-Jährige darüber referiert haben, dass er 2021 den Aufenthaltsort eines deutschen Antifa-Aktivisten in Polen verbreitet und einen Schlägertrupp auf ihn angesetzt habe. Informationen über den Aufenthaltsort des deutschen Linksextremisten in Polen habe er an „polnisch erlebnisorientierte Fußballkreise“ übergeben, zitiert Correctiv aus dem Vortrag. Der Mann sei daraufhin „sehr handfest und sportlich“ konfrontiert worden und habe einen Nervenzusammenbruch erlitten.
Die neuen Details veröffentlichte Correctiv am Mittwochabend auf der Homepage des Medienhauses sowie im Rahmen einer szenischen Lesung am Berliner Ensemble. Correctiv konfrontierte Müller nach dem Treffen mit den Ergebnissen der Recherche, der bestreitet die Vorwürfe. „Ich habe niemals einen ‚Schlägertrupp‘ auf irgendjemanden angesetzt“, teilte er Correctiv mit.
Für die AfD ist die Recherche brenzlig: In einem möglichen AfD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das zurzeit häufig gefordert wird, spielt nicht nur eine Rolle, ob die Partei eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt – sondern auch, ob sie diese in aggressiver, kämpferischer Weise umsetzt.
Es geht um den Kronzeugen im Hammerbande-Prozess
Bei dem Linksextremisten, den Müller demnach unter Druck gesetzt haben will, soll es sich um Johannes D. handeln. D. hat im ab 2021 geführten Prozess um eine linksextreme Gruppierung um die Studentin Lina E., der sogenannten „Hammerbande“, als Kronzeuge ausgesagt. Der linksextremen Gruppierung wurde vorgeworfen, seit 2018 gezielt Jagd auf Neonazis gemacht und sie brutal zusammengeschlagen zu haben.
Lina E. war Anfang Juni 2023 nach rund 100 Verhandlungstagen vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. D. befindet sich seit seiner Aussage in einem Zeugenschutzprogramm.
In Potsdam soll es Müller so dargestellt haben, als habe er dafür gesorgt, dass D. gegen E. ausgesagt habe. Ohne seine „Outing-Aktivitäten“ wäre D. „natürlich immer noch Kindergärtner in Warschau”, zitiert Correctiv ihn unter Berufung auf Quellen.
Ob das korrekt ist, darf bezweifelt werden. Johannes D. waren auf einer linksextremen Plattform Missbrauch und Vergewaltigung vorgeworfen worden, bevor er nach Polen ging – daraufhin wurde er von der linksextremen Szene verstoßen. Tatsächlich soll D. nach eigener Aussage in Warschau von Rechten angegriffen worden sein. Beim Prozess in Dresden gab er aber an, seine Aussage gegen die „Hammerbande“ sei Folge des Outings in der linksextremen Szene.
Mehrfach vorbestraft
Müller arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt. Er ist mehrfach vorbestraft, nach Recherchen der „Welt“ wurde er 2021 wegen gefährlicher Körperverletzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, ausgesetzt zur Bewährung. Müller hatte demnach zwei Polizeibeamte in Zivil angegriffen, wohl weil er sie für linke Aktivisten hielt.
Und bereits zuvor wurde Müller auffällig: 2013 wurde er laut „Welt“ zu siebeneinhalb Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Grund: Müller hatte demnach 2010 einem Jugendlichen einen Totschläger – einen Socken mit einem 200 Gramm schweren Metallstück darin – auf den Kopf geschleudert.
Müller galt lange als einflussreicher Akteur der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung (IB) in Deutschland sowie als Kopf des lokalen IB-Ablegers „Kontrakultur“ in Halle. 2017 veröffentlichte er beim rechtsextremen Verlag Antaios sein gleichnamiges Buch „Kontrakultur“ – der Verlag vermarktet es auf seiner Homepage noch heute als geschrieben vom „Kopf der identitären Gruppe in Halle“ und preist es als „Muß (sic!) für Aktivisten und für alle, die abseits der großen Heerstraße das geistige und identitäre Abenteuer suchen“.