In den USA gehört die Billion zum guten Ton, wenn es um den Wert einer Tech-Firma geht. Werden Anleger mit den „Glorreichen Sieben“ auch 2024 gut fahren?
Neues Jahr und gleich ein neues Rekordhoch für die Aktie von Nvidia. Auf der Technikmesse CES in Las Vegas lieferte der Anlegerliebling des Vorjahres, was die Börse hören wollte. Neue Grafikchips, mit denen Endanwender künstliche Intelligenz (KI) auf ihren Computern besser nutzen können. Noch ist kaum abzusehen, welche Möglichkeiten KI in Zukunft bieten wird.
Aber die Innovationen auf der CES gaben einen ersten Vorgeschmack. Gesundheit und KI wachsen zusammen: Ein Badezimmerspiegel korrigiert in Echtzeit, wenn Sie Ihre Zähne nicht richtig putzen und nach 30 Sekunden erhalten Sie Informationen über Ihren Gesundheitszustand. Ganz ohne Arztbesuch, praktisch und bequem vom heimischen Badezimmer aus. Volkswagen rühmt sich derweil, als erster Volumenhersteller künftig den Chatbot ChatGPT an Bord zu haben.
Der Aktienprofi
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen Daniel auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
KI dominiert alles
Vor 24 Jahren begeisterte das Internet die Analysten, heute ist es die Revolution der künstlichen Intelligenz. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob die prognostizierten Wachstumsraten tatsächlich eintreten werden. So überrascht es nicht, dass die Umsatzprognosen bei KI-Anwendungen für das Jahr 2024 zwischen 300 und über 500 Milliarden US-Dollar liegen und damit eine sehr große Spannbreite aufweisen.
Eng verbunden mit dem Hype um künstliche Intelligenz ist die Rekordjagd der amerikanischen Schwergewichte im vergangenen Jahr. Wenn in der Finanzwelt für eine Gruppe von Aktien ein eigener Name kreiert wird, muss schon etwas Besonderes passiert sein: Mittlerweile sind die „Magnificent Seven“ – Die „Glorreichen Sieben“ – für Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla jedem Anleger ein Begriff.
Die sieben US-Giganten haben das Börsenjahr 2023 maßgeblich geprägt. Morgan Stanley hat die Gruppe in einem eigenen Zertifikat zusammengefasst, wobei man die magischen Sieben mit Produkten wie dem Mini-Future mit der Wertpapierkennnummer (WKN) ME048J sogar noch hebeln kann. Noch besser zeigte sich der Chip Power Index von Morgan Stanley mit WKN HD1N8Y, der mit Nvidia natürlich den Überflieger schlechthin als Aushängeschild hat.
Immer größere Dominanz
Die Gewichtung ist nunmehr atemberaubend. „Im Sommer 2023 machten sie zeitweise gut die Hälfte der Gewichtung im Nasdaq 100 aus. Auch nach der Indexreform bleibt ihr Einfluss mit 45 Prozent sehr hoch, die übrigen 93 Aktien im Index spielen nur eine untergeordnete Rolle“, macht Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets auf die Chancen, aber auch Risiken der Tech-Dominanz aufmerksam. Natürlich handeln auch bei seinem Broker die aktiven Anleger gerne die größten Titel und sind 2023 damit sehr gut gefahren.
„Gegen Microsoft und Co. ist der Dax mittlerweile ein Zwerg“, so Molnar weiter. Um sich die Dimensionen besser vorstellen zu können, reicht ein einfacher Vergleich: „Dax, MDax und TecDax bringen zusammen rund 2,3 Billionen Euro auf die Börsenwaage, die ‚Magnificent Seven‘ knapp elf Billionen Euro“, rechnet Stefan Riße von Acatis vor. Aktien wie Nvidia verteuerten sich sogar um rund 240 Prozent, der Börsenwert der glorreichen Sieben kletterte im Schnitt um 110 Prozent.
Wie nachhaltig ist diese Rally?
Nicht zuletzt darf man die Fantasie der „Magnificent Seven“ aber nicht auf die KI reduzieren. Dieser Bereich weist zwar mit die höchsten Wachstumsraten auf, allerdings ausgehend von einem noch vergleichsweise niedrigen Niveau. „Cloud-Computing, digitales Marketing und Gaming sind Endmärkte der Tech-Giganten, die mit weiterhin dynamischen Wachstumsraten von 10 bis 20 Prozent im Jahresvergleich deutlich höhere Umsätze beisteuern“, so Experte Risse.
Rallye ohne 493 Unternehmen
Mit der Rallye haben sich auch die Bewertungsrelationen weiter nach oben verschoben und verzerren gleichzeitig das Gesamtbild. Ohne die „Magnificent Seven“ werden die übrigen 493 Unternehmen des S&P 500 für das Jahr 2023 voraussichtlich einen Jahresverlust ausweisen. Der gleichgewichtete US-Leitindex wird mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 15 gehandelt, inklusive der sieben größten Werte steigt der Faktor auf knapp 20 (was das KGV aussagt, lesen Sie hier). Insgesamt sind Microsoft, Nvidia oder Meta wirklich glorreich, und zwar nicht nur beim Zähneputzen.