New York In den USA wächst die Sehnsucht nach dem alten Einkaufserlebnis wieder: Zum ersten Mal seit 2017 werden in den USA in diesem Jahr mehr Läden eröffnet als geschlossen. Das geht aus einer Studie der IHL Group hervor, die 900 US-Ketten analysiert hat. Damit sind 2021 netto 4361 Läden hinzugekommen. Und das trotz der Covid-Pandemie, die immer noch viele Menschen einen Bogen um die Purchasing-Malls machen lässt.
Jahrelang galten lokale Geschäfte als teurer Ballast, die gegenüber dem rasant wachsenden E-Commerce keine Likelihood haben. Doch zuletzt erleben sie ein Comeback: Das liegt unter anderem an den gesunkenen und flexibleren Mieten. Händler können heute nicht nur günstiger mieten, sie müssen sich auch nicht gleich auf zehn Jahre binden wie in der Vergangenheit. Vielen Onlineretailern dienen die lokalen Geschäfte aber auch als Logistik-Hubs, an denen Kunden ihre Waren zurückbringen oder abholen können.
Auch für die Zukunft haben viele Marken ehrgeizige Pläne für ihre Filialen: Die Jeansmarke Levi’s will in den kommenden drei bis fünf Jahren 100 neuartige Läden eröffnen. Die US-Modeikone Ralph Lauren plant 90 neue Ladenlokale.
Täglich verkünden neue Einzelhändler, ihr Filialnetz zu erweitern: Der rasant wachsende On-line-Brillen-Händler Warby Parker will zusätzlich zu den bereits bestehenden 154 Läden weitere 35 eröffnen. Auch der Sportausrüster Dick’s Sporting Items expandiert. Und die Billigketten Greenback Normal, Greenback Tree und TJ Maxx wollen ebenfalls weiterwachsen. Greenback Normal will allein 2022 mehr als 1100 neue Geschäfte eröffnen.
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„Die Coronakrise hat die Hybridisierung des Einzelhandels grundsätzlich beschleunigt. Den Läden kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu“, ist Steve Dennis überzeugt, der Präsident und Gründer der Beratung Sageberry Consulting. Deshalb sollten die meisten Einzelhändler ihre Strategie, Efficiency-Kriterien und Investments grundsätzlich überdenken.
Goal beliefert Kunden aus den Läden und spart damit 40 Prozent
On-line- und Offlinegeschäft finden nicht mehr getrennt voneinander statt. Die Menschen begutachten Waren im Laden und kaufen dann on-line, oder sie shoppen on-line und holen die Einkäufe vor Ort ab.
Traditionelle Ketten wie Walmart und Goal haben ihre großen Supermärkte jenseits der Stadtzentren erfolgreich mit dem Onlinegeschäft verbunden und beliefern ihre Kunden aus den Niederlassungen. Goal etwa schätzt, dass es durchschnittlich 40 Prozent weniger kostet, die Produkte aus seinen Läden zu verschicken als aus den meist weiter entfernten Lagern.
Aber die Läden zum Anfassen funktionieren auch als Werbung fürs spätere Onlineshopping: „Je mehr herkömmliche Geschäfte wir eröffnen, desto mehr digitales Geschäft machen wir auch in diesen Regionen“, erklärte jüngst der Vorstandsvorsitzende von Macy’s Jeff Gennette gegenüber Analysten.
Manchmal funktioniert es auch umgekehrt, und die Läden folgen ihren Kunden, weil sie nicht zuletzt dank der digitalen Daten wissen, wo die Nachfrage besonders hoch ist. „Die Marken kommen heute zu uns und fragen: Was sind die Regionen, die wir gewinnen müssen? Lasst uns dort hingehen“, berichtet Justin Abrams, Gründer und CEO von FlagshipRTL, einer Datenanalyse-Plattform für Luxusmarken.
Darum hätten Marken wie Moncler, Gucci und Dolce & Gabbana Pop-up-Läden im Edel-Skiort Vail in Colorado, in East Hampton und in Greenwich in Connecticut eröffnet – alles beliebte Rückzugsorte der reichen New Yorker in der Pandemie. „Geschäfte sind heute Medien – sie sind laufende Reklamewände“, schreibt Agrams. Er rechnet damit, dass 2022 ein größerer Anteil der Werbeetats in kreative Experimente mit Niederlassungen fließen wird.
Kletterwand und Schneiderei fürs Markenerlebnis
Kreativität ist auch das Stichwort, das bei vielen geplanten Expansionen im Mittelpunkt steht. Levi’s etwa plant bei seinen 100 angekündigten Neueröffnungen keine klassischen Läden, sondern sogenannte „Subsequent Technology Shops“. Die sollen etwas kleiner sein, aber dafür zusätzliche Companies wie eine eigene Näherei bieten, in der Kunden ihre T-Shirts und Denims mit Aufnähern, Nieten oder besonderen Nähten personalisieren lassen können.
Außerdem will Levi’s den mobilen Verify-out anbieten und Künstliche Intelligenz nutzen, um vor Ort die richtigen Produkte für den lokalen Geschmack vorrätig zu haben. Der Sportausrüster „Dick‘s Sporting Items“ will seine Kunden dagegen mit einem Baseballkäfig, einer Kletterwand und einer Golfbahn unterhalten.
„In den Läden der Zukunft wird es mehr darum gehen, eine bedeutsame und persönliche Markenerfahrung zu vermitteln“, ist Abrams überzeugt. „Schlaue Marken werden mit neuen Formaten und Areas experimentieren“, prophezeit er.
Eine Veränderung findet auch bei der Suche nach dem richtigen Standort statt: Während sich viele Marken in der Vergangenheit gern an ein großes Kaufhaus wie Macy’s oder Nordstrom angehängt haben, suchen sie heute stärker die Nähe zu Lebensmittelmärkten. Das geht aus einer Studie des Immobilienmaklers JLL hervor.
Denn während die großen Kaufhäuser schon vor der Pandemie Schwierigkeiten hatten, sind die Supermärkte immer noch intestine besucht und werden damit auch für die benachbarten Ladenlokale zum Kundenmagneten.
„Viele der One-Measurement-Matches-All–Formate verlieren weiter Marktanteile“, beobachtet Dennis. Einzelhändlern rät er, ein hybrides Portfolio an Konzepten anzubieten, um die verschiedenen, sich schnell verändernden Vorlieben der Kunden zu bedienen. Viele Händler hätten in den vergangenen Jahren große Läden betrieben, die von allem zu wenig boten. „Für viele könnte ‚kleiner und fokussiert‘ das richtige Gegenmittel sein“, meint der Berater.
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