Die Bahn hat am Arbeitsgericht einen Eilantrag eingereicht, um den Warnstreik der GDL ab Dienstag zu stoppen. Das Gericht soll am Montagabend entscheiden. Doch die Aussichten sind nicht gut.
Die Gewerkschaft deutscher Lokführer (GDL) hat erneut einen Warnstreik angekündigt. Er soll am Dienstagabend im Güterverkehr beziehungsweise Mittwochnacht im Personenverkehr starten. Die Deutsche Bahn (DB) hat am Arbeitsgericht Frankfurt am Main einen Eilantrag eingereicht, um den Streik zu stoppen.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Bahn einen solchen Antrag einreicht. Schon im vergangenen Jahr konnte sie so einen Streik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stoppen. Damals einigten sich beide Parteien vor Gericht auf einen Vergleich mit dem Ziel, zügig und konstruktiv zu verhandeln.
Ähnliche Prozesse gab es bereits
Das könnte auch im Streit mit der GDL geschehen, doch die Chancen dafür stehen nicht gut. Das Streikrecht ist im Grundgesetz verankert und ein hohes Gut, das ein Gericht nur in Ausnahmefällen einschränkt. Grundlage für einen Streik muss sein, dass es Forderungen gibt, die mit einem neuen Tarifvertrag geregelt werden können, also mehr Lohn oder verkürzte Arbeitszeit. Der Streik muss zudem verhältnismäßig sein, das bedeutet, nicht übertrieben und das letzte Mittel der Gewerkschaften. Der Begriff der „Verhältnismäßigkeit“ ist allerdings sehr dehnbar und nicht genau definiert. In der Regel lassen Gerichte den Gewerkschaften hierbei großen Spielraum. 2014 und 2021 hat die Bahn bei vergleichbaren Prozessen verloren.
GDL-Chef Claus Weselsky äußerte sich am Montag optimistisch zu den juristischen Vorgängen. „Wir setzen darauf, dass das Recht auf unserer Seite ist“, sagte er in Frankfurt. „Wir haben rechtmäßig Forderungen erhoben, wir haben rechtmäßig alle Tarifverträge gekündigt und sind der festen Überzeugung, dass wir auch dieses Mal vor dem Arbeitsgericht Recht bekommen.“ Und weiter: „Die Durchführung eines dreitägigen Streiks ist bestimmt nicht unverhältnismäßig.“
Fahrgastverband Pro Bahn nicht zuversichtlich
Detlef Neuß, Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, sagte dem Sender n-tv, er sei „nicht sehr zuversichtlich“, dass der Eilantrag Erfolg habe. Beim Streit um die Leiharbeiter-Genossenschaft der GDL gehe es um etwas anderes. „Ich habe da erhebliche Zweifel, dass das noch etwas bringt und den Streik wirklich noch abwendet.“
Ende November hatte die GDL die Gespräche mit der Bahn für gescheitert erklärt. Die Bahn habe diese Zeit während des „Weihnachtsfriedens“ nicht genutzt, „um mit einem verhandlungsfähigen Angebot Arbeitskampfmaßnahmen entgegenzuwirken“, erklärte die GDL. Ein am Freitag vorgelegtes neues Angebot der Bahn, über flexiblere Arbeitszeiten zu verhandeln, wies sie als „substanzloses und vergiftetes Angebot“ zurück.
Mit ihrem Antrag auf ein Streikverbot hebt die Bahn auf ein vergangene Woche eingeleitetes Verfahren ab, indem der Konzern der GDL vorwirft, durch die Gründung einer Art Leiharbeitsfirma für Lokführer ihre Berechtigung zur Verhandlung von Tarifverträgen verwirkt zu haben.
Die Idee hinter der Leiharbeitsfirma ist die Genossenschaft „Fair Train e. G.“. Lokführer und Mitglieder der GDL wechseln aus ihrer Anstellung bei der DB zu Fair Train. Nach ihrem Wechsel werden sie dann der DB zu höheren Konditionen und besseren Arbeitsbedingungen ausgeliehen. Die Angestellten von Fair Train haben dann einen Vertrag mit der GDL. Gewerkschaftschef Claus Weselsky hat die Genossenschaft selbst mitgegründet. Mitglieder sind die GDL-Mitglieder.
GDL könnte durch Fair Train Druck aufbauen
Ziel des Leihmodells ist laut Alexander von Sänger vermutlich, die Bahn unter Druck zu setzen, die Forderungen der GDL anzunehmen. Das schreibt der Fachanwalt in einem Gastbeitrag der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ). Ob die GDL beziehungsweise Fair Train damit Erfolg haben, sei allerdings nicht sicher. Denn dafür müssten 80 Prozent der Beschäftigten ihren sicheren Job bei der Bahn aufgeben und zu Fair Train wechseln. Das könne laut von Sänger beispielsweise Auswirkungen auf ihre betriebliche Altersvorsorge haben.
Das Risiko, so der Fachanwalt, bestehe darin, dass zu wenige Beschäftigte ihre Anstellung wechseln oder aber die Bahn sich ihre Lokführer anders besorgt. Damit könnte das Vorhaben scheitern. Auch der Status der Gewerkschaft GDL könnte von einem Gericht aberkannt werden, da die GDL mit Fair Train einen Tarifvertrag ausgehandelt hat. „Es wäre nicht das erste Mal, dass das Bundesarbeitsgericht einer Gewerkschaft diesen Status aberkennt, auch wenn der Fall GDL/Fair Train sicherlich bisher einmalig ist“, schreibt von Sänger. Hat das Modell aber Erfolg, könnten sich beispielsweise Piloten oder Lkw-Fahrer daran orientieren und es Fair Train gleich tun.