Düsseldorf Von der rustikalen Kaffeetafel bis zum feierlichen Weihnachtsdinner – bei Butlers finden Kunden Dekoartikel und Wohnaccessoires rund um den gedeckten Tisch. Das Familienunternehmen, 1999 von Wilhelm Josten in Köln gegründet, betreibt 100 Filialen im deutschsprachigen Raum. Hinzu kommen 32 Filialen von Franchise-Partnern in neun weiteren europäischen Ländern.
Nun kauft überraschend Home24 die Wohndeko-Kette. Der Onlinemöbelhändler übernimmt die Butlers Holding komplett. Die mittlere Unternehmensbewertung wird auf 70 Millionen Euro geschätzt. Je nach Entwicklung einer variablen Komponente, die sich am Geschäftserfolg von Butlers bis Juni 2022 orientiert, kann die Bewertung am Ende um bis zu 15 Millionen Euro höher oder tiefer ausfallen.
Die Spanne struggle vereinbart worden, da unklar ist, wie sich das Geschäft von Butlers wegen der 2G-Regeln im stationären Handel entwickelt. Teil des Offers ist, dass Josten für seinen Butlers-Anteil von 25 Prozent Aktien von Home24 erhält. Der Deal soll nach Kartellfreigabe im zweiten Quartal 2022 abgeschlossen sein.
Mit der Übernahme will der Berliner E-Commerce-Händler, der lange zum Reich von Rocket Internet gehörte, sein Sortiment und stationäres Geschäft ausbauen. Bisher betreibt Home24 zehn eigene Showrooms. „Die Sortimente von Butlers und Home24 ergänzen sich very best. Gemeinsam schaffen wir vom großen Möbelstück bis zum Accessoire auf dem gedeckten Tisch ein umfassendes Angebot“, begründete Marc Appelhoff, CEO von Home24, den Zukauf.
Prime-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
„Die Butlers-Filialen in attraktiven Lagen vervielfachen unsere Möglichkeiten der direkten Kundenansprache.“ In ersten Butlers-Filialen sollen Showrooms von Home24 integriert werden. Für Appelhoff, 43, ein wichtiger strategischer Schritt, der die Wettbewerbsposition des Unternehmens „trotz eines schwierigen Marktumfeldes deutlich verbessere“.
Immer mehr Möbel on-line verkauft
Zwar wird erst jedes achte Möbelstück hierzulande im Web verkauft. Die Pandemie gab aber einen kräftigen Schub. Die Konkurrenz im Onlinemöbelhandel wächst stetig: Neben Wayfair, Westwing und Otto.de, verkaufen auch klassische Möbelhändler wie Ikea und sogar Discounter immer mehr Möbel übers Netz. Mit der Übernahme will Home24 unabhängiger vom Onlinemarketing werden. Beide Marken sollen erhalten bleiben und gemeinsam schneller wachsen – im E-Commerce wie im stationären Handel.
Gerrit Heinemann, Professor für BWL und Handel an der Hochschule Niederrhein, sieht indes nicht so viele Synergien durch die Übernahme: „Die nicht so erfolgsverwöhnte Home24 kauft sich offensichtlich zu günstigen Konditionen Umsatz und arrondierendes Sortiment. Die Filialen und Franchise-Shops machen eigentlich überhaupt keinen Sinn – vor allem nicht für das Home24-Sortiment – und sind meines Erachtens Beiwerk.“ Wenn der stationäre Weg überhaupt eine Possibility für Home24 wäre, dann komme diese angesichts der Coronakrise eigentlich zur Unzeit und zu spät, urteilt Handelsexperte Heinemann.
Butlers hat bewegte Zeiten hinter sich: 1999 eröffnete Betriebswirt Josten mit Frank Holzapfel, dem ersten Ikea-Deutschlandchef, eine Filiale in Köln. Jostens Familie hatte bereits seit 1829 mit Porzellan gehandelt.
Butlers fokussierte sich zunächst auf den gedeckten Tisch. Der Pionier kontrolliert die Kollektionen von der Herstellung bis zum Vertrieb. Ein vertikales Konzept, das es in der Branche zuvor nur bei Ikea und Habitat gegeben hatte. Die Kette wuchs stetig auf über 100 Filialen.
Butlers überstand 2017 eine Insolvenz
2017 jedoch ging Butlers in Planinsolvenz. In Großbritannien hatten sich die Kölner überhoben und viel Geld verloren. Zudem struggle das Sortiment zu stark auf Möbel ausgerichtet worden. Die Zahl der Filialen in Deutschland wurde auf 74 geschrumpft. Von knapp 1000 Mitarbeitern blieben damals etwa 800.
Von der Insolvenz hat sich Butlers erholt und das Filialnetz wieder ausgebaut – obwohl die Konkurrenz etwa mit Zara House oder H&M House stark gewachsen ist. Die Butlers-Designer entwickeln jährlich über 3000 neue Artikel, diese werden meist in Asien gefertigt. Darüber hinaus vertreibt Butlers seine Artikel europaweit an über 5000 Verkaufspunkten anderer Händler.
Butlers-Gründer Josten hält derzeit ein Viertel an Butlers – genauso wie die NRW-Financial institution. Der 56-Jährige bekommt nun 3,9 Prozent an neuen Aktien von Home24. Josten soll weiterhin das Geschäft von Butlers „maßgeblich mitgestalten“ und mit dem Administration von Home24 auch die Gruppenstrategie verantworten. „Unsere jeweiligen Stärken kommen mit unserem Zusammenschluss noch besser zur Geltung“, meint Josten.
Wohndeko und Eigenmarken von Butlers soll künftig auch über Home24 verkauft werden und umgekehrt. Onlineverkäufe erzielen bereits ein Viertel des Geschäfts von Butlers. Die Kölner peilen für 2021 einen Umsatz von etwa 95 Millionen Euro an. Laut Bundesanzeiger lag dieser 2019 noch bei 80 Millionen Euro.
Trotz Lockdown in der Pandemie sei Butlers 2020 und 2021 „signifikant profitabel“, teilte Home24 mit. 2019 hatte der Jahresüberschuss laut Bundesanzeiger unter einer Million Euro gelegen. Im Lockdown mussten viele der insgesamt 1000 Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen.
Deal beflügelt Aktie von Home24
Home24 setzt mit knapp 2000 Mitarbeitern deutlich mehr um als Butlers. Der Onlinemöbelhändler ist in sieben europäischen Ländern tätig und unter der Marke Mobly auch in Brasilien. Zusammen mit Butlers will Home24 dieses Jahr etwa 700 Millionen Euro umsetzen.
Der Onlinemöbelhändler, 2009 als FP Commerce gegründet, profitierte stark vom Lockdown und Development zum Cocooning. Im Rekordjahr 2020 mit 492 Millionen Euro Umsatz fiel erstmals ein operativer Jahresgewinn an. Unter dem Strich blieb ein Verlust von 17,1 Millionen Euro.
In den ersten neun Monaten 2021 steigerte Home24 den Umsatz um 40 Prozent zum Vorjahr. Der bereinigte Vorsteuergewinn (Ebitda) lag bei zwei Millionen Euro. Allerdings schwächte sich das rasante Wachstum im dritten Quartal deutlich ab. Zudem sind die Kosten gestiegen.
Home24 steht – wie die gesamte Branche – vor Logistikproblemen. Holz ist knapp und teuer geworden. Die Lieferzeiten für Möbel haben sich durch die Pandemie verlängert, deshalb musste Home24 die Lägerbestände erhöhen.
Der Deal mit Butlers beflügelte die Aktie von Home24 zum Börsenstart am Freitag um fünf Prozent. Seit 2018 ist der Onlinehändler an der Frankfurter Börse notiert und enttäuschte dort zunächst. Der einstige Hauptanteilseigner Rocket Internet stieß immer mehr Aktien ab. Der Kurs schwankt stark und notierte zuletzt um die zehn Euro. Im Dezember stieg Home24 aus dem SDax ab. Die Berenberg Financial institution hatte das Kursziel von Home24 wegen Lieferkettenproblemen kürzlich von 33 auf 22,50 Euro gesenkt, rät aber weiter zum Kauf.
Mehr: Schöne Bescherung – Der Generationswechsel muss bei Käthe Wohlfahrt warten