Nach dem stärksten Beben in Brandenburg seit mehr als 500 Jahren wollen Geologen dem Phänomen genauer auf den Grund gehen: Die Region hat jetzt kurzfristig mehrere Messstationen bekommen.
Wissenschaftler registrieren in Brandenburg, einer ansonsten seismologisch unauffälligen Region, in kürzester Zeit zwei Erdstöße. Um mehr über den Untergrund zu erfahren, hat die Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) in der Region bei Herzberg/Elster mehrere temporäre Stationen zur Erdbebenaufzeichnung eingerichtet. Am 18. Oktober war dort von weiter entfernten Stationen das stärkste Beben seit 1483 gemessen worden. Die Stärke war zunächst mit 3,2 angegeben worden und wurde später auf 3,3 korrigiert. Damit war es im Umkreis deutlich spürbar.
Mit den kurzfristig aufgestellten Stationen können nun auch Beben registriert werden, die für das zuvor bestehende Netz zu klein waren. Beben mit einer Stärke unter 1 fielen bisher weitgehend durchs Raster, während in anderen Regionen wie dem Vogtland noch deutliche schwächere Beben gemessen werden.
Die Universität hat in Brandenburg sehr schnell reagiert, weil es vor allem um die Registrierung von Nachbeben des jüngsten Bebens geht. „Wir rechnen damit, dass es auch in den kommenden Wochen zu Nachbeben kommen kann, die aber wohl schwächer ausfallen als das Hauptbeben.“ Die Auswertung solcher Beben soll ein besseres Verständnis der Ursprünge des Bebens vom 18. Oktober ermöglichen. Dieses gibt den Forschern noch einige Rätsel auf. Vor allem: Wo genau ist es aufgetreten?
Das Epizentrum wurde bisher nicht exakt bestimmt. Insbesondere hinsichtlich der Tiefe ist die Ungewissheit groß – es ereignete sich in der Erdkruste irgendwo in einem Bereich zwischen 10 und 22 km unter der Oberfläche. Weil in Brandenburg die Erdbebenaktivität sehr gering ist, gab es bisher kaum Messstationen: Die nächsten im Süden und Westen gehören zum Sachsen-Netz und liegen 50 Kilometer entfernt.
Mit vier Stationen, die jetzt nördlich und östlich aufgestellt sind, soll eine Rundumüberwachung der Region möglich sein, in der mit Nachbebenaktivitäten gerechnet wird. Sie sollen für sechs Wochen bis drei Monate aufgestellt bleiben.
Die schnelle Reaktion ist kein Alarmzeichen: Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass es in der Region auch zu schweren Beben kommen kann. Anhand der vergangenen Seismizität und historischer Erdbebenkataloge etwa ab dem Jahr 1000 nach Christus sind in Brandenburg keine zerstörerischen Erdbeben zu erwarten, sagte Ulrich Wegler, Professor für Angewandte Geophysik in Jena, dem RBB.
Für die neuen Standorte musste die Universität Partner finden, die den Stationen Platz geben. Unter anderem sind die Gedenkstätte KZ-Außenlager Schlieben-Berga und das Schulmuseum Schwarzenburg nun Standorte für die kleinen Seismometer.