1.000 Euro für Langzeitarbeitslose
„Bin eher dafür, dass man Sozialleistungen kürzt“
17.10.2024 – 18:51 UhrLesedauer: 3 Min.
Robert Habeck steht zur Anschubprämie für Langzeitarbeitslose. Bürger reagieren auf seinen Vorschlag, darunter eine Bürgergeldempfängerin und ein Jobcenter-Mitarbeiter.
Dass Langzeitarbeitslose 1.000 Euro bekommen sollen, wenn sie mindestens ein Jahr lang einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, stößt bei vielen auf Ablehnung. Unter anderem äußerten sich Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit, und Bundeskanzler Olaf Scholz kritisch.
Robert Habeck bekräftigte kürzlich seine Idee, indem er sagte, man könne nicht nur auf die intrinsische Motivation der Betroffenen setzen, sondern müsse andere Lösungen finden. Ein Teil der t-online-Leserschaft stimmt ihm zu, ein anderer lehnt das Vorhaben strikt ab.
Silvia Krebs schreibt: „Die Anschubprämie finde ich keine schlechte Idee, wenn es hilft, den einen oder anderen Langzeitarbeitslosen zu motivieren, sich einen Job zu suchen und ein Jahr durchzuhalten. Vielleicht findet derjenige auch wieder Gefallen am Arbeiten und ist länger beschäftigt, wenn sich das soziale Umfeld ändert und er Wertschätzung durch den Arbeitgeber und Kollegen erfährt.“
Wolfgang Bollack hingegen hält Einschränkungen für erfolgversprechender als Belohnungen: „Ich bin gegen die Prämie, sondern eher dafür, dass man Sozialleistungen deutlich kürzt. Dann werden die schon von allein anfangen, sich einen Job zu suchen.“
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„Die Prämie ist ein durchaus vernünftiger Vorschlag“, findet Markus Kleinlein. „Es wäre feige von der Bundesregierung, sie wegen des Aufheulens der typischen Besserwisser einfach fallen zu lassen. So verspielt man seine Glaubwürdigkeit.“
Missgunst gegenüber den Prämienempfängern empfände der t-online-Leser nicht, im Gegenteil: „Ich gönne jedem diese Prämie, der aus dem Bürgergeld heraus eine Arbeit findet und diese langfristig behält. Denn es ist ein schwieriger Weg, und Leistung sollte belohnt werden.“
Manfred Rieß spottet: „Was für eine tolle Idee. Glückwunsch zu diesem Jahrhunderteinfall. Ich habe nachweislich 57 Jahre gearbeitet. Darf ich Habeck meine Bankverbindung mitteilen? Mit 57.000 Euro käme ich aus meiner feuchten Kellerwohnung raus und meine Wählerstimme wäre Ihnen sicher. Ich hätte auch noch einige Freunde, die von Ihrem wunderbaren Einfall profitieren möchten.“
Sandra Barczyk, selbst Bürgergeldempfängerin, hält den durch die Öffentlichkeit gehenden Ausdruck „Arsch-hoch-Prämie“ für „unter aller Würde“. Sie hätte es Motivationsprämie genannt. Die Grundidee findet die Bezieherin von Grundsicherung für Rentner nicht verkehrt:
„Die Prämie kann ein guter Anreiz sein“, sagt sie, hält aber andere Fragen für wichtiger: „Warum ist ein Mensch arbeitslos? Weshalb konnte noch keine angemessene Stelle vermittelt werden? Wie groß sind die Bemühungen der Arbeitsagentur beziehungsweise des Jobcenters, gut zu vermitteln?“
„Schlimm“ findet auch Florian, selbst langjähriger Arbeitsvermittler in einem Jobcenter, das Wort „Arsch-hoch-Prämie“. „Bürgergeldempfänger sollten nicht als Feinde des Staates verkauft werden“, sagt er als jemand, der täglich mit ihnen zu tun hat.
„Ideen, neue Wege zu gehen, finde ich grundsätzlich gut“, schreibt der t-online-Leser in Bezug auf die Prämie, wobei er vermutet, dass diese nur in Einzelfällen ziehen würde, denn „die wenigsten denken so weit im Voraus“. Dennoch hält er sie für erprobenswert, weil auch in Einzelfällen die Einmalzahlung weitaus günstiger wäre als der andauernde Bürgergeldbezug.
„Nach einem Jahr Arbeiten hat man den Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben und würde selbst bei danach eintretender Arbeitslosigkeit wahrscheinlich erst mal nicht mehr ins Jobcenter zurückkehren müssen. Außerdem sollte man nach einem Jahr kapiert haben, dass Arbeit mehr als nur Geldverdienen ist und vielleicht nicht mehr Bürgergeld beziehen wollen.“