Berlin Neuerliche Corona-Einschränkungen und die Sorge vor der Ausbreitung der gefährlichen Omikron-Variante schlagen sich zunehmend auch auf dem Arbeitsmarkt nieder. Das Ifo-Beschäftigungsbarometer, das monatlich exklusiv für das Handelsblatt berechnet wird, ist im Dezember auf 102,9 Punkte gesunken. Im November lag es bei 103,9 Zählern.
„Aufgrund der Coronawelle kündigen das Gastgewerbe, die Veranstaltungswirtschaft und der Tourismus Entlassungen an“, kommentierte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe die jüngsten Daten, die auf den Beschäftigungsabsichten von rund 9000 Unternehmen basieren. Hier zeigen sich die Auswirkungen von Beschränkungen in Gastronomie, Inns und im Reiseverkehr oder das Verbot größerer Veranstaltungen wie Messen.
Als beschäftigungspolitischer Stabilitätsanker erweist sich zum Jahresende einzig das verarbeitende Gewerbe. Die Industrieunternehmen sind, was Neueinstellungen angeht, optimistischer als im Vormonat. „Die sehr gute Auftragslage soll im nächsten Jahr mit verstärktem Private bewältigt werden“, sagt Wohlrabe.
Zwar sind die Industrieaufträge im Oktober laut Statistischem Bundesamt gegenüber dem Vormonat um kräftige 6,9 Prozent gesunken. In den Monaten Januar bis Oktober lagen sie kumuliert aber um intestine ein Fünftel über dem Vorjahresniveau.
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Und der Auftragseingang im Oktober lag um 1,7 Prozent über dem Niveau aus dem Februar 2020 – dem letzten Monat vor Beginn der Corona-Einschränkungen in Deutschland. Der Auftragsbestand der Industrie ist angesichts verbreiteter Produktionsengpässe seit Juni 2020 kontinuierlich gewachsen und hat laut Statistischem Bundesamt im Oktober den höchsten Stand seit Beginn der entsprechenden Statistik im Januar 2015 erreicht.
Dienstleister rechnen teilweise mit Entlassungen
Ihre Personalplanungen deutlich nach unten korrigiert haben dagegen die Dienstleister. Pessimistischer haben sie die Beschäftigungsaussichten zuletzt im Juli dieses Jahres eingeschätzt. In den konsumnahen Dienstleistungen ist laut Ifo-Institut sogar mit Entlassungen zu rechnen.
Auch im Baugewerbe, das trotz Corona boomt, sind die Firmen im Dezember wieder zurückhaltender als im November, als der Teilindikator für die Branche auf den höchsten Stand seit Mai 2019 geklettert warfare. Ihre Beschäftigungserwartungen liegen zum Jahresende aber immer noch deutlich über den Werten aus dem Frühjahr und Sommer.
Der Handel, der einen erheblichen Teil seines Jahresumsatzes im Weihnachtsgeschäft erzielt, geht derzeit durch ein Wechselbad der Gefühle. Lockerungen wie in Niedersachsen, wo das Oberverwaltungsgericht jüngst die 2G-Regel für den Zugang zu Geschäften kippte, stehen anhaltende Diskussionen über die Notwendigkeit eines neuerlichen bundesweiten Lockdowns gegenüber. Entsprechend lassen die Einzelhandelsunternehmen Vorsicht walten und wollen momentan kaum neues Private einstellen.
Auch wenn die Coronasorgen wieder zunehmen, hat der Arbeitsmarkt die Pandemie bisher intestine verkraftet – und die Bundesagentur für Arbeit (BA) sieht ihn auch weiter auf Erholungskurs. So ist etwa bei der Zahl der bei der BA gemeldeten offenen Arbeitsstellen der coronabedingte Einbruch aus dem Jahr 2020 inzwischen mehr als ausgeglichen.
Berücksichtigt man auch die nicht gemeldeten Stellenangebote, so gab es laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im dritten Quartal in Deutschland knapp 1,4 Millionen offene Stellen – leicht mehr als im dritten Quartal 2019.
Rund ein Fünftel der Arbeitnehmer arbeitet im Niedriglohnsektor
Neue Nahrung in der Debatte um die von der Ampelregierung geplante Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro lieferte am Montag das Statistische Bundesamt. Demnach würden knapp 7,2 Millionen Beschäftigte von dieser Erhöhung profitieren.
Insgesamt arbeiteten nach Angaben der Statistiker im April rund 7,8 Millionen Menschen im Niedriglohnsektor, das entspricht rund einem Fünftel aller Arbeitnehmer. Sie verdienen weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns aller Beschäftigten. Diese Niedriglohnschwelle liegt aktuell bei 12,27 Euro brutto je Stunde.
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