Seit fast 23 Monaten wird am Landgericht Köln verhandelt – jetzt ist ein Urteil gefallen. Drach muss für immer hinter Gitter.
Vor dem Landgericht Köln läuft heute der 100. Verhandlungstag im Prozess gegen Thomas Drach. Der wohl bekannteste Schwerverbrecher Deutschlands muss sich wegen mehrerer Raubüberfälle auf Geldtransporter verantworten. Mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier.
Um 9.15 Uhr begann der Prozess am Donnerstag mit den „letzten Worten“ des Angeklagten. t-online verfolgt für Sie den Prozess vor Ort. Mittlerweile ist das Urteil gefallen – 15 Jahre mit anschließender Sicherheitsverwahrung.
Drach wird des versuchten Mords in zwei Fällen in Tateinheit mit schwerem Raub schuldig gesprochen: Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte 2018 und 2019 drei Raubüberfälle auf Werttransporter in Köln und Frankfurt am Main begangen hat. Bei zwei der Taten gab er laut Urteil Schüsse auf die Geldboten ab, die beiden Männer erlitten schwere Verletzungen. Ein ebenfalls angeklagter Überfall im hessischen Limburg war Drach nicht nachzuweisen.
In einem Statement vor dem Urteil hatte Drach noch schwere Vorwürfe gegen die ermittelnden Behörden erhoben. Auf fünf Seiten ging Drach auf die angeblichen Beweise ein – etwa auf die Tatfahrzeuge, die an den Tatorten gesehen wurden. Man könne ihm keine Verbindung zu den Wagen nachweisen, so sein Plädoyer. Insgesamt rechne er mit einem „glasklaren Freispruch“.
Drach widerspricht den Beweisen, die vorgebracht wurden
In seinem Statement sprach Drach von „abstrusen Behauptungen, gekauften Zeugen und fabrizierten Beweisen“, wie t-online Reporter Florian Eßer von vor Ort berichtet. „Auch nach fünf Jahren gibt es keinen Beweis, dass ich für die Taten verantwortlich bin“, sagte Drach.
Einen Gutachter, der gegen ihn ausgesagt hatte, bezeichnete er als „zugekoksten Wichtigtuer“. Weiter warf er der Staatsanwaltschaft vor, Zeugen, die zu seinen Gunsten ausgesagt hätten, zu Unrecht als „debil“ und „unglaubwürdig“ diffamiert zu haben. Nach der Überzeugung des Angeklagten hätten die Aussagen nicht in die „konstruierte Geschichte“ der Anwaltschaft gepasst.
Drach: Nie „einen Joint oder eine Patrone“ bei ihm gefunden
Damit nicht genug: Drach beschuldigte die Staatsanwaltschaft, Zeugen – etwa Mitinsassen, also „Spitzel“ – sowie Gutachter gekauft zu haben. Im Falle einer Verurteilung wolle er „bei einer unabhängigen Staatsanwaltschaft“ Strafanzeige erstatten. Ob die Staatsanwältin dann noch im Amt wäre oder „nur noch Bleistifte spitzt“, würde man dann sehen, so Drach. Seit 30 Jahren wolle man ihm Drogen- und Waffenhandel sowie Geldwäsche nachweisen, hätte aber niemals auch nur „einen Joint oder eine Patrone“ bei ihm gefunden. An keinem Tatort habe man Fingerabdrücke, DNA-Spuren oder anderes von ihm gefunden, „weil alles nur dummes Geschwätz ist“.
Die Staatsanwaltschaft zeigte sich verhalten amüsiert über Drachs Vorwürfe, äußerte sich aber zunächst nicht weiter. Im Anschluss war der Prozess zur Beratung unterbrochen worden. Gegen 11.30 Uhr wurde das Urteil gefällt.
1996 hatte Drach den Erben der Hamburger Tabak-Dynastie Reemtsma, Jan Philipp Reemtsma, entführt und gegen Lösegeld wieder freigelassen. Für die Tat war Drach zu vierzehneinhalb Jahren Haft verurteilt worden.