Ratssitzung in Braunschweig: Die VW-Krise kam zusätzlich ganz nach oben auf die Tagesordnung. Jetzt soll eine Resolution Druck machen.
Seit Anfang September herrscht eine Art Schockstarre in der Region Braunschweig: Volkswagen steckt in einer tiefen Krise, der Vorstand kündigte massive Einschnitte an, sprach von Werkschließungen, kündigte die Beschäftigungssicherung auf. Nicht nur die Angestellten im Wolfsburger Stammwerk sind in großer Sorge, auch die Menschen in Salzgitter und Braunschweig haben Angst.
Mit einer Resolution, die der Rat der Stadt Braunschweig in seiner jüngsten Sitzung verabschiedete, wollen die Politiker aus der Löwenstadt zeigen, dass sie sich stark machen für den VW-Standort Braunschweig, für die tausenden Beschäftigten und ihre Familien. Eine Schließung soll es mit ihnen nicht geben. Die Resolution trägt die Handschrift der Fraktionen SPD, CDU, Grüne, BIBS, „Die Fraktion“ und der FDP. Die AfD wurde nach eigener Aussage außen vor gelassen.
Oberbürgermeister Thorsten Kornblum gab sich zu Beginn der Sitzung kämpferisch. „Die Unsicherheit muss dringend aufhören“, forderte der Braunschweiger OB unter anderem. Das Aufkündigen der Tarifverträge habe zu einer „unnötigen Verschärfung“ geführt, so der Oberbürgermeister.
Kornblum stellte einmal mehr die Bedeutung von Volkswagen für die gesamte Region, sogar für das Land Niedersachsen, dar. Mit einem Zitat, das die Situation abzubilden versucht: „Wenn Volkswagen Schnupfen hat, hat das ganze Land Grippe.“ Im Grunde sei jeder in der Region von der Krise betroffen – als Beschäftigter, als Mitarbeiter bei einem Zulieferer, als Familienmitglied eines VW-Angehörigen.
Auch die Stadt profitiere von dem Autobauer – in Form von Gewerbesteuereinnahmen. „Wir alle sind Volkswagen“, fasste es der Oberbürgermeister zusammen. Er kritisierte zudem die Abschaffung der Kaufprämie für E-Autos „über Nacht“.
Fraktionen kritisieren VW-Vorstand
Alle Fraktionen äußerten sich während der Sitzung zur VW-Krise und der Resolution, sie kritisierten das Vorgehen des Vorstandes und stellten sich zugleich hinter die Beschäftigten. CDU-Fraktionsvorsitzender Thorsten Köster sprach beispielsweise von Auswirkungen für alle in Braunschweig.
SPD-Ratsherr Matthias Disterheft, selbst 33 Jahre bei VW und nun für die IG Metall Wolfsburg als Geschäftsführer tätig, blickte hinter die Kulissen und schilderte die „unheimliche Angst“, die viele Betroffene hätten. Industrie und Wertschöpfung müssten in Deutschland bleiben, forderte er unter anderem.
Für Lisa-Marie Jalyschko, Fraktionsvorsitzende der Grüne, sei die Beschäftigungssicherung immer der Sicherheitsgarant gewesen. „Es ist unfassbar viel Vertrauen verspielt worden“, sagte sie.
BIBS und „Die Fraktion“ – bestehend aus Linke, Volt, Die Partei – kritisierten den VW-Konzern scharf. „VW ist aber profitabel“, sagte etwa Fraktionsvorsitzender Udo Sommerfeld von „Die Fraktion“ in Hinblick auf die mehr als vier Milliarden, die der Konzern an seine Aktionäre im Juni ausgeschüttet hatte. „Ich habe kein Verständnis für diesen Kahlschlag-Plan, den es auf einmal gibt.“
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Stefan Wirtz kritisierte, dass an 364 Tagen im Jahr gegen das Auto gekämpft werden würde. „Und an einem Tag im Jahr setzen Sie sich dafür ein“, sagte er in Richtung der anderen Parteien. Seine Fraktion stimmte ebenfalls für die Resolution.
Mit der Resolution fordert der Rat ein klares Bekenntnis und Arbeitsplatzgarantien von der Volkswagen AG – diesen Druck wollen die Fraktionen zumindest ausüben. Einfluss auf den Verbleib des hiesigen VW-Werkes, das räumten etliche Sprecher ein, aber gebe es nicht.