Er ist Spitzenkandidat der laut Umfragen viertstärksten Partei in Brandenburg. Doch viele Wähler haben noch nie von ihm gehört. Wer ist Robert Crumbach?
Robert Crumbach führt den Wahlkampf des Bündnis Sahra Wagenknecht in Brandenburg gewissermaßen im Alleingang. Er ist Spitzenkandidat, Vorsitzender des Landesverbands und Pressesprecher in Personalunion. Doch dafür, dass Crumbach so zentral für den Wahlkampf einer Partei ist, die laut aktuellen Umfragen bei knapp 14 Prozent liegt, ist er erstaunlich unsichtbar.
Bei einer Befragung gaben nur 62 Prozent der Befragten an, Crumbach zu kennen. Damit liegt er sogar hinter dem Spitzenkandidaten der FDP – einer Partei, die aktuell weder im Landtag vertreten ist noch realistische Chancen hat, bei dieser Wahl über die Fünfprozenthürde zu kommen.
Der Wahlkampf in Brandenburg steht ganz im Zeichen Sahra Wagenknechts. Von den Wahlplakaten des BSW blickt fast ausschließlich die Namenspatronin und Parteivorsitzende auf die potenziellen Wähler und Wählerinnen herab. Selbst auf der Webseite des Brandenburger Landesverbandes muss man etwas suchen, bis man die erste Erwähnung des eigentlichen Spitzenkandidaten findet. Schlimm findet Crumbach das nicht, Wagenknecht sei eh viel hübscher als er, so seine lapidare Antwort auf die Frage eines Journalisten nach der Omnipräsenz seiner Parteichefin.
Tatsächlich unterscheidet sich Crumbach, der erst seit Beginn dieses Jahres Mitglied des BSW ist, in dieser Hinsicht stark von seiner Chefin. Während Wagenknecht gerne im Rampenlicht steht und keine Gelegenheit auslässt, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, sei es in Talkshows oder auf ihrem eigenen YouTube-Kanal, gibt sich Crumbach zurückhaltend. Interviews und Talkshows seien seine Sache nicht, so der 61-Jährige im Gespräch mit dem „Spiegel“.
Beruf: Arbeitsrichter (freigestellt)
Geburtsort: Heerlen (Niederlande)
Familienstand: verheiratet, zwei Kinder
Sosehr sich Crumbach, der 41 Jahre Mitglied der SPD war, in seiner Art von Wagenknecht unterscheidet, so nahe ist er ihr doch politisch. Im Wahlkampf fordert er unter anderem einen kostenfreien ÖPNV für Schulkinder, eine Reichensteuer, bezahlbaren Wohnraum, mehr Polizisten und ein Ende der unkontrollierten Migration. Doch es ist ein anderes Thema, welches im Wahlkampf über allen anderen und im Wahlprogramm sogar an erster Stelle steht: Frieden in Europa.
Das BSW fordert ein Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine und den sofortigen Beginn von Friedensverhandlungen. Außerdem müssten die Sanktionen gegen Russland unverzüglich beendet werden, die das BSW als sinnlos erachtet. Des Weiteren setzt sich die Partei gegen die Lieferung von Marschflugkörpern in die Ukraine ein und lehnt die Stationierung amerikanischer Raketen in Deutschland entschieden ab.
Immer wieder bezeichnet Crumbach das BSW als die einzige „Friedenspartei“. Dass ihm diese Positionen öfter den Vorwurf der Putin-Nähe einbringen, sei ihm egal, erklärt er im Gespräch mit der „Zeit“. Er sei schon in seiner Jugend Kriegsdienstverweigerer gewesen und an dieser Einstellung würde er auch nichts ändern.
Weniger kritisch zeigt sich der BSW-Spitzenkandidat gegenüber der AfD. Sollten diese einen guten Antrag einbringen, würde man ihn mittragen, erklärte er t-online. Lesen Sie hier mehr dazu.
Ein weiteres Thema, welches Crumbach sehr am Herzen liegt, sind soziale Gerechtigkeit und Arbeitnehmerrechte. Diese Themen seien es auch gewesen, die den 61-jährigen Arbeitsrichter Ende vergangenen Jahres dazu bewogen hätten, nach mehr als 40 Jahren aus der SPD auszutreten. „Die SPD hat sich immer mehr von ihrer früheren Politik für Arbeitnehmerrechte verabschiedet“, so Crumbach im Gespräch mit der „Tagesschau“. Doch der entscheidende Grund sei die Einstellung der Partei zum Ukraine-Krieg gewesen.
Tatsächlich war Crumbach nicht nur Mitglied der Sozialdemokraten, sondern bekleidete auch mehrere Ämter innerhalb der Partei. So führte er in Potsdam jahrelang einen Ortsverein und arbeitete für die Landesregierung zeitweise als Justiziar.
Nach Brandenburg kam der in den Niederlanden geborene und in Rheinland-Pfalz aufgewachsene Crumbach als junger Jurist kurz nach der Wende. Er sollte helfen, die Gerichtsbarkeit nach dem Zusammenbruch der DDR neu aufzubauen. Seitdem lebt er zusammen mit seiner Frau in Potsdam und arbeitete bis zum Beginn des Wahlkampfs als Arbeitsrichter in Brandenburg an der Havel, dem „schönsten Beruf der Welt“, wie er in Interviews immer wieder betont.