Sind Witze über Behinderte ein No-Go oder darf Satire alles? Der Fall Mockridge stößt eine Diskussion über Cancel Culture und Grenzen des Humors an.
Fast eine Woche nach dem Start der Empörungswelle über Luke Mockridges Witze über Behinderte ist die Causa weiterhin brandaktuell. Nizar Akremi und Shayan Garcia, die beiden Komiker, in deren Podcast Mockridge die viel kritisierten Aussagen tätigte, meldeten sich jüngst zu Wort, um sich und den 35-Jährigen zu verteidigen.
Auch wenn sie sich bei jenen entschuldigen, die von den Witzen wahrlich verletzt wurden, stehen sie zu dem, was sie sagten. Die Comedians empören sich über eine Cancel Culture, die sie, vor allem aber Luke Mockridge, zerstören wolle. Am Ende steht die Frage, wie weit Satire gehen darf. Viele t-online-Leser sehen in den Witzen über Menschen mit Behinderung eine Grenzüberschreitung, einige andere stellen sich hinter die drei Männer.
Ilona Pourié schreibt: „Witze auf Kosten von Behinderten zu machen, ist geschmacklos, beleidigend und durch nichts zu rechtfertigen. Ich hoffe und wünsche, dass alle drei, die an diesem Podcast beteiligt waren, in der Versenkung verschwinden und man nie wieder etwas von ihnen hören muss.“
„Gleichberechtigung ist, wenn wir behinderte Menschen gleich behandeln. Dazu gehört auch, dass man Witze machen kann, die unter die Gürtellinie gehen“, meint Susann Krause. Wer Gleichberechtigung erwarte und fordere, dürfe hier nicht aufschreien. „Wenn Gleichberechtigung, dann doch bitte immer und überall.“ Die t-online-Leserin plädiert dafür, toleranter und mit Humor durchs Leben zu gehen. „Wer soll denn sonst noch wissen, was erlaubt ist und was nicht geht?“, fragt sie kritisch.
Christina Schiller findet: „Es ist doch wie mit allen Minderheiten: Wenn ich der Gruppe angehöre, darf ich mich auch darüber lustig machen. Denn nur dann kann ich das rechte Maß kennen. Nur Krebskranke dürfen über Krebspatienten scherzen, nur LGBTIQs über Angehörige ihrer Community, nur Juden über Juden und Moslems über Moslems. Alles andere ist anmaßend und fast immer ganz dünnes Eis.“
„Die Maßnahmen gegen Mockridge sind völlig überzogen“, kommentiert Astrid Kapschitzki-Filter die Streichung seiner Sat.1-Sendung und Bühnenauftritte. „Es mag geschmacklos gewesen sein, das kann man auch ansprechen, aber dann ist es auch gut. Auch Minderheiten müssen damit umgehen, wenn auf ihre Kosten Witze gemacht werden.“ Die t-online-Leserin teilt den Eindruck von Nizar Akremi und Shayan Garcia, Olympiasiegerin Kristina Vogel nehme den Skandal zum Anlass, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Thomas Kerschbaumer sieht das anders: „Ich wünsche mir, dass diese drei Herrschaften mal mit Menschen mit Behinderungen reden. Sie würden feststellen, dass diese immer noch ausgegrenzt werden – im Alltag, bei Behörden und was Jobchancen angeht. Es ist unverschämt, dass solche Menschen nun über solche geschmacklosen Witze lachen und Humor beweisen sollen.“ Am liebsten würde der t-online-Leser Mockridge, Akremi und Garcia anzeigen, „weil das nichts mehr mit Humor zu tun hat“.
„Komiker haben nur ein Ziel: die Menschen durch witzige und manchmal auch makabere Äußerungen zu unterhalten und zum Lachen zu bringen“, behauptet Reinhard Lüdtke. „Das geht manchmal auch zulasten des guten Geschmacks.“ Er plädiert dafür, nicht alles ernst zu nehmen und auf die Goldwaage zu legen. „Humorlose Menschen werden immer mit Empörung reagieren, weil sie zum Lachen unfähig sind.“