Blutkrebs ist eine der tödlichsten Krebsarten. Oftmals ist eine Stammzelltransplantation die einzige Chance auf Heilung. Eine neue Entdeckung könnte die Therapie deutlich vereinfachen.
Alle zwölf Minuten erhält in Deutschland ein Mensch die niederschmetternde Diagnose Blutkrebs (Leukämie). Nach wie vor ist die Krebsart die häufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle – vor allem bei jüngeren Menschen. Vielen kann nur eine Stammzellentransplantation helfen. Doch nicht immer findet sich schnell der passende Spender.
Die Forschung sucht deshalb seit Jahren nach Möglichkeiten, um Stammzellen, die sich zu verschiedenen Blutzellen entwickeln können, im Labor herzustellen. Durch die Transplantation solcher gesunden Stammzellen könnte das erkrankte Knochenmark ersetzt und die normale Blutbildung wiederhergestellt werden.
Nun ist australischen Wissenschaftlern ein weiterer, bedeutender Fortschritt in der Blutstammzellenforschung gelungen.
Ein Forscherteam des Murdoch Children’s Research Institute (MCRI) in Melbourne hat erstmals Blutstammzellen im Labor hergestellt, die denen im menschlichen Körper sehr ähnlich sind. Diese Zellen können sich in rote und weiße Blutkörperchen sowie Blutplättchen entwickeln und ähneln den Stammzellen eines menschlichen Embryos. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich im renommierten Fachjournal „Nature Biotechnology“ veröffentlicht.
Die Forscher sehen in dieser Entdeckung großes Potenzial für die Behandlung von Kindern, die an Leukämie oder Knochenmarkversagen leiden. Professor Elizabeth Ng vom MCRI erklärte: „Die Möglichkeit, jede beliebige Zelle eines Patienten zu entnehmen, sie in eine Stammzelle umzuprogrammieren und diese dann in spezifisch angepasste Blutzellen für die Transplantation umzuwandeln, wird sich massiv auf das Leben dieser gefährdeten Patienten auswirken.“
Die im Labor gezüchteten Blutstammzellen könnten künftig bei Blutstammzell- und Knochenmarktransplantationen eingesetzt werden, was den Bedarf an Spendern erheblich verringern könnte. Bisher war es Wissenschaftlern nicht möglich, menschliche Blutstammzellen im Labor zu entwickeln, die erfolgreich in ein Tiermodell transplantiert werden konnten. Das Forscherteam des MCRI hat jedoch einen neuen Arbeitsablauf entwickelt, der genau dies ermöglicht. Mäusen mit Immunschwäche wurden im Labor hergestellte menschliche Blutstammzellen injiziert. Diese entwickelten sich zu funktionierendem Knochenmark.
Ein weiterer Erfolg der Studie: Die im Labor gezüchteten Stammzellen konnten eingefroren und später erfolgreich transplantiert werden. Das entspricht dem aktuellen Konservierungsprozess von Spenderblut-Stammzellen vor einer Transplantation beim Menschen.
Die Studienautoren vom MCRI betonten, dass diese Ergebnisse neue Behandlungsmöglichkeiten für eine Vielzahl von Blutkrankheiten eröffnen könnten. Eine Blutstammzelltransplantation ist oft ein lebensrettender Bestandteil der Behandlung von Blutkrankheiten im Kindesalter. Doch nicht alle Kinder finden einen passenden Spender, was zu schweren Komplikationen führen kann. Die Entwicklung personalisierter Blutstammzellen könne diese Komplikationen verhindern und den Mangel an Spendern beheben, so die Hoffnung der Forscher.
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Der nächste Schritt in dieser Forschung wird voraussichtlich in den kommenden fünf Jahren eine klinische Phase-1-Studie sein, um die Sicherheit der Verwendung dieser im Labor gezüchteten Blutzellen beim Menschen zu testen. Die Forscher zeigen sich optimistisch: „Diese Forschung wird für so viele Familien ein Segen sein.“ Die Aussicht, eines Tages gezielte Behandlungen für Kinder mit Leukämie und Knochenmarkversagen zu haben, sei lebensverändernd.