Messer-Mord „ohne Motiv“
Täter gesteht: „Ich habe sie gesehen und getötet“
31.08.2024 – 11:41 UhrLesedauer: 3 Min.
Laut Behörden war das Opfer „zur falschen Zeit am falschen Ort“. Moussa S., der von einer Musikerkarriere träumte, soll aus purer Mordlust auf der Straße zugestochen haben.
Ein Frauenmord erschüttert Italien, die Staatsanwaltschaft spricht von einer „Tat ohne Motiv“. Wochenlang rätselte die Polizei und unterzog Dutzende Menschen DNA-Tests. Jetzt haben die Behörden den mutmaßlichen Täter gefasst: Es ist ein 31 Jahre alter Mann, der offenbar einfach einen Menschen sterben sehen wollte.
Die Tat geschah vor einem Monat, in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli in Terno d’Isola in der Provinz Bergamo. Die 33-jährige Sharon Verzeni machte nach einem schwülen Tag einen Spaziergang durch die Stadt. Plötzlich trat jemand an sie heran, packte sie am Hals, stach ihr der Obduktion zufolge dreimal in den Rücken und einmal in die Brust.
Verzeni schaffte es noch, den Notruf zu wählen. Am Telefon sagte sie: „Er hat mich erstochen.“ Dann starb sie.
Seither fragte sich Italien, wer der Mörder sein könnte. Verzenis Lebensgefährte hatte Berichten zufolge ein wasserdichtes Alibi, die DNA-Tests bei Bekannten und bei Bewohnern der Umgebung des Tatorts ergaben keinen Treffer. Die Theorien wurden immer wilder – auch über einen Sektenmord spekulierten Medien.
Schließlich führten Aufnahmen von Überwachungskameras zum Verdächtigen. Auf Bildern zu sehen war ein Radfahrer, der sich schnell vom Tatort entfernte. Donnerstag gelang es den Fahndern, diesen Mann aufzuspüren.
Inzwischen hat er gestanden, wie Staatsanwältin Maria Cristina Rota bei einer Pressekonferenz sagte. Der Verdächtige heißt demnach Moussa S. Er lebte in einem kleinen Ort etwa fünf Kilometer vom Tatort entfernt und hatte keinerlei Beziehung zu Sharon Verzeni. Sie war laut Staatsanwältin Rota offenbar ein reines Zufallsopfer und einfach nur „zur falschen Zeit am falschen Ort“. „Genauso gut wie Frau Verzeni hätte es jede andere treffen können“, sagte die Staatsanwältin.
S. habe am Tatabend seine Wohnung mit dem festen Vorsatz verlassen, jemanden zu verletzen. Er habe sich vier Messer eingesteckt und sei losgeradelt. Bevor er auf sein Opfer traf, habe er zwei Jugendliche bedroht, dann aber von ihnen abgelassen. Später sei er zunächst an Verzeni vorbeigefahren, habe kurz darauf kehrtgemacht und sie attackiert. Im Verhör habe S. eingeräumt: „Ich hatte plötzlich einen Anfall. Ich kann nicht erklären, warum es passiert ist. Ich habe sie gesehen und getötet.“
Die Ermittler gehen nicht von einer terroristischen Tat aus. S. habe auch keiner religiösen Bewegung angehört, sagte Staatsanwältin Rota. Psychische Probleme seien „sehr wahrscheinlich“.
Der Mann ist in Italien nicht komplett unbekannt. Vor einigen Jahren schien er kurz vor einer Karriere als Musiker zu stehen. Unter seinem Künstlernamen Moses S. trat er in einem Video des bekannten Rappers Izi auf, der 2017 und 2019 zwei Alben an die Spitze der italienischen Charts brachte.
S. soll Mutter und Schwester misshandelt haben
Doch für Moussa S. blieb der Durchbruch aus. Bei Spotify kommt er aktuell bloß auf 1.770 monatliche Hörer. In diesem Jahr bei dem Musikstreaminganbieter hochgeladene Songs heißen „Bad Choices“ (deutsch: schlechte Entscheidungen) und „Darkness“ (Dunkelheit). Der Sound der elektronischen Instrumentalstücke ist düster.
Laut Staatsanwaltschaft war S. zuletzt beschäftigungslos. Es heißt, er habe Drogenprobleme gehabt. Nach dem Tod seines Vaters sei er komplett abgestürzt. Seine Mutter und seine Schwester hätten ihn aus der Wohnung geschmissen. Die beiden Frauen hätten ihn außerdem bei der Polizei angezeigt: S. soll sie misshandelt haben. Jetzt sitzt er wegen Mordes in Untersuchungshaft.
Hinweis: Falls Sie von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind oder sich um einen Mitmenschen sorgen, finden Sie hier sofort und anonym Hilfe.