Der scheidende Bundesbank-Präsident mahnt die Geldhüter zur Wachsamkeit.
(Foto: Reuters)
Frankfurt Am Donnerstag sorgte die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer Inflationsprognose für das kommende Jahr für Aufsehen. Sie verdoppelte ihre Schätzung von September quick und hob diese von 1,7 auf 3,2 Prozent an.
Auch für Deutschland erhöhte die Bundesbank nun ihre Prognosen kräftig, wie die am Freitag veröffentlichten Daten zeigen. Demnach erwartet sie nach der europäischen Berechnungsmethode des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das laufende Jahr im Schnitt eine Teuerung von 3,2 Prozent und für 2022 sogar eine von 3,6 Prozent.
Ursprünglich hatte sie für nächstes Jahr einen Wert von nur 1,8 Prozent vorhergesagt. Auch für 2023 hob sie die Prognose von 1,7 auf 2,2 Prozent an. Diesen Wert erwartet sie ebenfalls im Jahr 2024.
„Für die Inflationsrate überwiegen wie im Euro-Raum insgesamt die Aufwärtsrisiken“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann dazu. „Die Geldpolitik sollte diese Risiken nicht ignorieren und wachsam bleiben.“
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Laut Bundesbank geht der Anstieg in diesem Jahr nicht nur auf Sondereffekte wie die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung aus dem vergangenen Jahr und die Einführung von CO2-Zertifikaten zurück. Die Bundesregierung hatte die Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte 2020 vorübergehend gesenkt, wodurch die Preise nun im Vergleich zu den niedrigeren Vorjahreswerten höher ausfallen. Außerdem sind in Deutschland seit Januar 25 Euro je Tonne CO2 fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht.
Stärkerer Preisdruck
Die Bundesbank sieht zudem den kräftigen Anstieg der Energiepreise auf den internationalen Märkten als weitere Ursache für den stärkeren Preisdruck. Außerdem würden Unternehmen höhere Kosten durch Lieferengpässe an die Verbraucher weiterreichen und bei starker Nachfrage ihre Gewinnmargen ausweiten.
Bundesbank-Chefvolkswirt Jens Ulbrich verwies auf Twitter darauf, dass die Inflation durch diese Faktoren und die jüngste Abwertung des Euros auch 2022 im Schnitt sogar noch etwas steigen wird, obwohl dann einzelne Sondereffekte, wie zum Beispiel bei der Mehrwertsteuer, auslaufen.
Der Euro hat in den vergangenen zwölf Monaten gegenüber dem US-Greenback quick acht Prozent an Wert verloren.
Steigende Löhne, gute Konjunktur
Mit den prognostizierten Inflationsraten von 2,2 Prozent wird der Preisdruck laut Bundesbank auch in den Jahren 2023 und 2024 vergleichsweise hoch bleiben. Die Gründe dafür seien deutlich steigende Löhne, die gute Konjunkturlage, aber auch die Kosten, die der Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft verursache.
Der europäische Inflationsmaßstab HVPI unterscheidet sich etwas von der Berechnungsweise des Verbraucherpreisindex (VPI), den das Statistische Bundesamt bevorzugt. Dadurch weichen die Werte in Regel etwas voneinander ab. Im November lag die Inflationsrate in Deutschland gemessen nach dem HVPI bei sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr – und gemessen nach dem VPI bei 5,2 Prozent. Es gab jedoch auch Monate, in denen die Inflation nach dem VPI höher als nach dem HVPI ausgefallen ist. Die Unterschiede hängen unter anderem damit zusammen, wie Pauschalreisen im Index gewichtet werden.
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