Die rechtsextreme Partei „Freie Sachsen“ wird an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Dennoch wird sie von der Parteienfinanzierung profitieren – und das nicht zu knapp.
Parteien, die nicht in den Landtag einziehen, erhalten trotzdem Steuergelder. Das ermöglicht ihnen, Wahlkampfkosten zu decken und bei den nächsten Wahlen wieder anzutreten. Nach der Landtagswahl werden auch die rechtsextremen „Freien Sachsen“ Geld aus diesem Steuertopf bekommen.
Bei der Kommunalwahl im Juni erreichten die „Freien Sachsen“ landesweit 2,1 Prozent der Stimmen. Für den Anspruch auf Parteienfinanzierung genügt ein Stimmenanteil von über einem Prozent bei einer Landtagswahl.
Die Partei, die aus der „Querdenker“-Bewegung hervorging, aber von Mitgliedern der rechtsextremen Bürgerbewegung Pro Chemnitz und der NPD geführt wird, könnte damit jährlich zwischen 200.000 und 300.000 Euro aus Steuergeldern erhalten. Das schätzt Michael Krell, Humangeograf an der TU Dresden. „Das ist in etwa die Summe, die auch der sächsische AfD-Landesverband erhält“, sagt Krell.
Michael Krell ist ein Humangeograf an der TU Dresden. Dabei untersucht er, warum bestimmte Parteien in spezifischen Regionen besonders stark sind: „Deshalb sind die ‚Freien Sachsen‘ für mich besonders interessant: Sie sind nur in Sachsen aktiv und spielen mit der sächsischen Identität.“ Dieses Jahr hat er den Sammelband: „Sächsische Realitäten: Analysen aktueller Protestphänomene der radikalen Rechten in Sachsen“ mit herausgegeben.
Kleine Parteien erhalten durch die Parteienfinanzierung 1,13 Euro pro Stimme zurück. Das erklärt aber nicht, wieso den „Freien Sachsen“ bis zu 300.000 Euro jährlich zustehen. „Die ‚Freien Sachsen‘ profitieren überproportional, weil sie ihre große Mobilisierungsmacht nutzen, um Spenden einzutreiben“, so Krell. Für jeden gespendeten Euro erhält die Partei nämlich weitere 45 Cent aus dem Steuertopf.
2022 hat die rechtsextreme Partei etwa 150.000 Euro Spenden von Privatpersonen und 60.000 Euro aus Mitgliedsbeiträgen erhalten. „Da sich die ‚Freien Sachsen‘ erst 2021 gegründet haben und seither einen massiven Aufstieg erlebt haben – und gerade vor der Kommunalwahl sehr stark um Spenden geworben haben – ist davon auszugehen, dass sie aktuell in etwa das Doppelte erhalten“, so der Wissenschaftler Krell.
Hinzu kommt, dass bei den „Freien Sachsen“ der Landesverband gleichzeitig der Bundesverband ist. Dadurch kommt in Sachsen sehr viel mehr Geld an, während andere Parteien den finanziellen Nachteil haben, dass ein Großteil des Geldes aus der Parteienfinanzierung an den Bundesverband fließt.
„Ich gehe davon aus, dass die ‚Freien Sachsen‘ viele weitere Neonazis in Lohn und Brot bringen werden“, so Krell. Gleichzeitig sei davon auszugehen, dass die „Freien Sachsen“ neue Räume zur rechtsextremen Vernetzung und Mobilisierung eröffnen werden. „Schon jetzt gibt es in Aue und Chemnitz Treffpunkte, wie eine Gaststube, die den ‚Freien Sachsen‘ gehören.“ Krell hält es für logisch, dass nach der Landtagswahl weitere Treffpunkte in anderen Gegenden Sachsens denkbar sind – z.B. in Dresden.
Damit könnten die „Freien Sachsen“ eine Rolle einnehmen, die früher die NPD innehatte – aber spätestens damit verloren hat, als sie aus der Parteienfinanzierung geflogen ist. Im Januar 2024 schloss das Bundesverfassungsgericht nämlich die rechtsextreme Partei „Die Heimat“ (ehemals NPD) für sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung aus.
Das Gericht begründete sein Urteil mit den verfassungsfeindlichen Zielen der Partei und ihrer Absicht, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen. Damit kam der 2017 eingeführte Verfassungsartikel 21 zur Anwendung, der den Ausschluss extremistischer Parteien von Staatsgeldern ermöglicht.
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„Dadurch, dass der Finanzierungsentzug bei der Heimat funktioniert hat, ist davon auszugehen, dass es auch bei den ‚Freien Sachsen‘ funktionieren muss“, meint Krell. Gerade, weil führende Akteure der „Freien Sachsen“ ebenfalls Mitglied bei der „Heimat“ sind.
„Die ‚Freien Sachsen‘ formulieren ihre rechtsextreme Agenda zwar nicht ganz so deutlich wie die NPD früher – dennoch ist die ideologische Ausrichtung klar.“ Für Krell wäre es deshalb nur der nächste logische Schritt, dass die Landesregierung ein Parteienfinanzierungsverfahren beantragt, gerade weil die Partei bereits als gesichert rechtsextrem eingestuft ist. „In den nächsten fünf Jahren 1,5 Millionen Euro an die ‚Freien Sachsen‘ zu überweisen, kann ja kein Weg sein, mit einer gesichert rechtsextremen Partei umzugehen“, meint der Wissenschaftler von der TU Dresden.