In welcher Klinik bekommen Patienten die beste Behandlung? Dafür plant die Bundesregierung ein neues Verzeichnis: einen Klinik-Atlas.
Zur besseren Orientierung für Patientinnen und Patienten soll ein staatliches Online-Verzeichnis zu Leistungen und Behandlungsqualität der Krankenhäuser in Deutschland geschaffen werden.
Das sehen Gesetzespläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor, die das Bundeskabinett heute auf den Weg bringen soll. Das „Transparenzverzeichnis“ soll in verständlicher, interaktiver Form über das Angebot am jeweiligen Klinikstandort informieren, wie das Ministerium erläuterte. Der Start wird für April 2024 angestrebt.
„Flickenteppich unterschiedlichster Krankenhaussuchportale“
Die Verbraucherzentralen unterstützen die generelle Stoßrichtung zu mehr Klarheit. Der Gesundheitsexperte des Bundesverbands, Thomas Moormann, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Transparenz ist bislang keine Stärke des Gesundheitssystems in Deutschland.“
Patientinnen und Patienten hätten es schwer, das für sie am besten geeignete Krankenhaus zu finden. „Es gibt einen Flickenteppich unterschiedlichster Krankenhaussuchportale.“ Man könne aber nicht erkennen, wie erfolgreich Behandlungen des jeweiligen Krankenhauses bei einem konkreten gesundheitlichen Problem sind.
„Mit einem gut gemachten Transparenzverzeichnis könnte sich das ändern“, sagte Moormann. Damit es einen Mehrwert habe, müsse aber auch die tatsächliche Ergebnisqualität der Behandlung bei Patienten erfragt und in einem solchen Verzeichnis abgebildet werden.
Außerdem bestimmten Arzt-Patienten-Gespräche die Entscheidung für ein Krankenhaus maßgeblich mit. Daher müssten Informationen zu Leistungen und Qualität der Häuser bereits in den Praxen verfügbar sein und in die Gespräche einfließen können.
Klinik-Atlas für Deutschland
Das Gesetz soll eine geplante große Krankenhausreform ergänzen, auf deren Grundzüge sich Bund und Länder mehrheitlich verständigt hatten. Dabei geht um eine Art Klinik-Atlas für Deutschland: „Patientinnen und Patienten sollen erkennen können, welches Krankenhaus in ihrer Nähe welche Leistungen anbietet, und wie diese Klinik im Hinblick auf Qualität sowie ärztliche und pflegerische Personalausstattung abschneidet“, erläuterte das Ministerium.
Dazu sollen die Kliniken künftig zusätzliche Daten melden müssen – unter anderem zu Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten. Über zwei beauftragte Institute sollen die Angaben dann mit vorhandenen anderen Daten zusammengeführt und zur Veröffentlichung aufbereitet werden.
Eingeordnet werden sollen die Kliniken im Verzeichnis auch nach Versorgungsstufen („Level“) – von der wohnortnahen Grundversorgung bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken. Den Stufen zugeteilt werden sollen sie auf Basis von 65 Leistungsgruppen, die medizinische Leistungen näher bezeichnen – etwa Infektiologie, Kinder- und Jugendchirurgie, Augenheilkunde, Urologie und Intensivmedizin.
Lauterbach pocht auf einheitliche Vorgaben
Um das Vorhaben hatte es im Ringen um eine generelle Neuaufstellung der Kliniken in Deutschland schon einigen Wirbel gegeben. Die Länder bremsten eine stärker steuernde Funktion dieser „Level“ in der Reform selbst aus. Lauterbach pochte aber auf Transparenz und einheitliche Vorgaben zur Behandlungsqualität.
Das Gesetz zur Krankenhausreform wollen Bund und Länder gemeinsam angehen, nachdem sie Eckpunkte dafür vereinbart haben. Das Verzeichnis macht der Bund nun in Eigenregie.
Dabei zielt das künftige Info-Portal auf planbare Operationen und Behandlungen, für die Patienten auch zu entfernteren Kliniken fahren. In Notfällen muss es meistens möglichst schnell ins nächste geeignete Haus gehen. Das Ministerium verspricht sich von mehr Vergleichbarkeit auch Motivation für die Kliniken zu Qualitätsverbesserungen.
Sorge um Planungskompetenz der Länder
Aus den Ländern und der Branche kamen aber auch Warnungen. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, er sehe die Gefahr, dass Patienten durch die „Level“-Zuordnung auf eine falsche Fährte gelockt würden.
Das gefährde die Akzeptanz besonders kleinerer Einrichtungen in der Bevölkerung. Es drohe auch eine Fehlsteuerung von Patienten und damit eine Überlastung von Schwerpunkt- und Maximalversorgern durch leichte Fälle. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft monierte bereits einen massiven Eingriff in die Planungskompetenz der Länder.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) fordert eine stärkere Beteiligung der Patienten. „Eine patientenorientierte Qualitätsinformation kann es nicht ohne eine umfassende Patientenbeteiligung geben“, sagte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier der „Augsburger Allgemeinen“.
Der SoVD fordert außerdem, dass das Transparenzverzeichnis „von einer unabhängigen, staatsfernen und sich allein dem Patienteninteresse verpflichteten Stelle“ veröffentlicht wird und nicht durch eine staatliche Behörde.