Skateboarden ist seit 2021 olympisch. Bei einem Besuch der Wettbewerbe am Place de la Concorde trifft man auf einen ebenso ungewöhnlichen wie beeindruckenden Sportsgeist.
„Citius, Altius, Fortius“ – das olympische Motto ist weithin bekannt. Übersetzt heißt es „schneller, höher, stärker“, im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich aber „schneller, höher, weiter“ eingebürgert.
Was die wenigsten Menschen wissen: Im Jahr 2021 ist noch ein weiteres Wort hinzugekommen. Das Internationale Olympische Komitee einigte sich darauf, dem bekannten Wahlspruch „Communiter“ hinzuzufügen. Also: „zusammen“. Wohl auch, weil der Zusammenhalt in der olympischen Familie durch internationale Krisen und die Corona-Pandemie zuvor gelitten hatte.
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Quelle: Eurosport
Unabhängig von der Frage, ob das symbolische Hinzufügen eines Wortes zu einem 130 Jahre alten Motto, wirklich zu mehr Zusammenhalt führt, ist mir die Grundidee sehr sympathisch. Denn die Olympischen Spiele beinhalten eben deutlich mehr, als einfach nur besser zu sein als die Konkurrenz.
Auch, wenn das heutzutage oft vergessen wird, geht es im Kern auch darum, sich selbst zu entwickeln und zu verbessern. Und zwar bestenfalls gemeinsam mit den anderen.
Eine besondere Form davon ist mir unter der Woche bei einer noch sehr jungen olympischen Sportart aufgefallen: dem Skateboarden. Auf dem Place de la Concorde zeigten die Athletinnen und Athleten nicht nur beeindruckende Tricks, sie klatschten sich auch permanent ab, applaudierten einander und feuerten sich gegenseitig an.
Am eindrücklichsten ist mir eine Szene aus dem Park-Wettbewerb der Männer in Erinnerung geblieben. In der Sekunde, als der Olympiasieg des Australiers Keegan Palmer feststand, stürzten sich zwei seiner – auf dem Papier – größten Konkurrenten wie aufgestachelt mit ihren Boards die Rampen runter, um ihn zu beglückwünschen und hochleben zu lassen.
Man stelle sich das einmal im Fußball vor: Direkt nach einem kunstvoll verwandelten Elfmeter, durch den Lionel Messi das WM-Finale entschieden hat, sprinten Cristiano Ronaldo und Kylian Mbappé wild jubelnd auf den Rasen, um den Argentinier zu dessen gelungener Ausführung zu beglückwünschen. Was für eine surreale Vorstellung!
Natürlich sind beide Sportarten nicht vergleichbar, aber dennoch könnten sich Fußballer und viele andere in dieser Beziehung ein kleines bisschen mehr an Skateboardern orientieren.

„Skateboarden ist eine der Sportarten mit dem geringsten Konkurrenzkampf“, erklärte mir die deutsche Starterin Lilly Stoephasius: „Man wünscht sich immer, dass die anderen ihren Run stehen. Und wir freuen uns einfach über gutes Skateboardfahren. Ob es von einem selbst kommt, oder von jemand anderem, ist egal.“
Ganz im Sinne der olympischen Werte geht es nicht nur darum, besser zu sein als andere, sondern zuerst einmal, sich selbst zu verbessern. Und diese Stimmung überträgt sich aufs Publikum. Bei kaum einer anderen Sportart, die ich bisher bei diesen Spielen gesehen habe, wirkten Publikum und Athleten so synchron und interagierten so gut miteinander.
Auf das Alter kommt es dabei – anders als bei einer vergleichbar jungen Sportart vielleicht zu vermuten wäre – nicht an. Während Trew Arisa, die Siegerin der Frauen-Konkurrenz, erst 14 Jahre alt ist, ging bei den Herren mit dem 51-jährige Andy Macdonald ein echter Veteran an den Start.
