Immer mehr junge Menschen in Deutschland sind von psychischen Erkrankungen betroffen. Dazu zählen Depressionen, Anpassungsstörungen und Süchte.
Mehr Kinder und Jugendliche als zuvor sind im Jahr 2022 wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen stationär in Krankenhäusern behandelt worden. Nach Verletzungen und Vergiftungen war die Psyche der zweithäufigste Grund für Klinikaufenthalte, wie das Statistische Bundesamt mitteilt.
Zu den psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen zählen auch solche, die durch Alkohol bedingt sind: etwa Folgen von Alkoholmissbrauch und akute Alkoholvergiftungen oder Abhängigkeits- oder Entzugssyndrome. Die alkoholbedingten Fälle machten 2022 mit etwa 8.800 (11 Prozent) die zweithäufigste Diagnose für Kinder und Jugendliche aus.
„Jugendliche trinken leider fast so viel wie vor der Pandemie“, betont Renate Schepker von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP). Bei schweren Fällen sieht sie sogar eine Steigerung. Es gebe immer mehr junge Menschen, die abhängig werden und eine Entgiftung oder Entwöhnung benötigen.
Während der Corona-Zeit seien einige Jugendliche abgehängt und vom Bildungssystem verloren worden, sie hätten die Schule oder Ausbildung abgebrochen und dann vermehrt zu verschiedenen Suchtmitteln gegriffen. „Dazu kommt, dass der Suchmarkt überschwemmt wird mit gefährlichen Substanzen, immer mehr synthetischen Drogen“, erklärt Schepker, die selbst Leiterin von zwei Suchtstationen für Kinder ist.
Die häufigste Diagnose bei psychisch erkrankten Kinder und Jugendlichen ist laut Bundesamt die Depression. Im Jahr 2022 gab es rund 22.600 Fälle in Krankenhäusern. Das entspricht einem Anteil von mehr als einem Viertel (28 Prozent) an allen Fällen, bei denen junge Menschen wegen psychischen Erkrankungen stationär behandelt wurden.
Nach Corona gibt es, laut Renate Schepker, objektiv mehr Depressionserkrankungen bei Jugendlichen. Die „naive jugendliche Weltsicht“ von Kindern und Jugendlichen sei zuweilen „quasi zerstört worden“ durch die Pandemie und sonstige Katastrophen, „auch durch Kriege in der Welt und alle möglichen Ereignisse, die einem das Leben schwer machen“, sagt Schepker.
Bei knapp 7.900 oder zehn Prozent der Fälle von behandelten Kindern und Jugendlichen standen Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen im Fokus der Behandlung. „Diese können durch das Eintreten von außergewöhnlich belastenden Lebensereignissen hervorgerufen werden oder durch besondere Veränderungen im Leben, die zu einer anhaltend unangenehmen Situation führen“, erklären die Statistiker.
„Die allermeisten psychisch kranken Kinder und Jugendlichen aber werden nicht im Krankenhaus, sondern ambulant behandelt“, sagt Schepker. Viele leichtere Fälle müssten nicht stationär in eine Klinik kommen, es gebe viele, „die wunderbar mit einer ambulanten Behandlung zurechtkommen“.
Von etwa 435.900 jungen Patientinnen und Patienten in Kliniken wurden 19 Prozent wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen behandelt. Die Daten beziehen sich auf Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 17 Jahren.
Mädchen seien dabei eher betroffen als Jungen. „Insgesamt werden seit einigen Jahren anteilig immer mehr Kinder und Jugendliche wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen stationär behandelt“, heißt es von den Bundesstatistikern. So habe der Wert im Jahr 2012 noch bei 13 Prozent der insgesamt rund 589.900 jungen Klinikpatienten gelegen.