Düsseldorf Vor der heutigen Sitzung der US-Notenbank sind Anleger vorsichtig. Offenbar ist die Angst, mit neuen Käufen Verluste zu erzielen, größer als die Gier nach schnellen Kursgewinnen.
Daran ändern auch die Kursgewinne zum Handelsauftakt nicht. Der Dax notiert mittags bei 15.508 Punkten, ein Plus von 0,3 Prozent. Den gestrigen Dienstag beendete der deutsche Leitindex mit einem Minus von 1,1 Prozent und einem Endstand von 15.453 Stellen.
Damit hat sich auch das charttechnische Bild etwas verschlechtert, was als erstes Warnzeichen zu verstehen ist. Das Börsenbarometer hatte am Dienstag knapp unterhalb der 200-Tage-Linie geschlossen, die vor allem von langfristigen Investoren beachtet wird. Diese Linie verläuft aktuell bei 15.475 Indexzählern.
Der entscheidende Termin am heutigen Mittwoch findet erst nach Börsenschluss statt. Die US-Notenbank Fed verkündet die Ergebnisse ihrer zweitägigen Zinssitzung. Aus Anlegersicht ist es wichtig, wie schnell die Fed ihre Anleihekäufe reduziert (Fachbegriff: Tapering) – und wie viele Zinserhöhungen abzusehen sind. Erwarten die Experten nach der Rede von Fed-Chef Jerome Powell zwei oder drei Zinserhöhungen im kommenden Jahr?
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Statt im Juni 2022 könnte durch ein „Turbo Tapering“ schon im April oder März kommenden Jahres Schluss sein mit dem Kauf von Anleihen und hypothekenbesicherten Wertpapieren. Nach Meinung von Jochen Stanzl vom Onlinebroker CMC Markets sinkt damit an den Aktienmärkten die Schwelle für den „Fed Put“. Der Begriff beschreibt den Verdacht, dass die Fed immer wieder gezielt auf schwache Phasen am Aktienmarkt reagiert und damit die Kurse stützt. Die Bezeichnung „Put“ hat sich deshalb eingebürgert, weil Places Termingeschäfte sind, mit denen Investoren die Kurse ihrer Papiere nach unten absichern können.
Einen guten Anhaltspunkt dazu geben die Terminkontrakte zur „Federal Funds Price“ an der Chicagoer Terminbörse CME. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 60 Prozent, dass der erste Zinsschritt bereits am 4. Mai erfolgt. Die Chancen für eine zweite Erhöhung bereits im Monat Juli stehen 50 zu 50.
„Sollte es zu einer stärkeren Korrektur an der Börse kommen, wäre der Spielraum der Fed durch die Inflation begrenzt“, meint der Chefanalyst. „Die Zeit, in der sich Anleger in einem ‚Goldlöckchen‘-Szenario expansiver Geldpolitik in Reddit-Aktien wie Gamestop oder AMC austoben konnten, ohne auf die Fundamentaldaten zu achten, scheint langsam, aber sicher zu enden.“
Schwergewichte dominieren den S&P 500
Eine ungesunde Entwicklung gibt es derzeit an den US-Börsen. Eine Handvoll hoch kapitalisierter und entsprechend hoch gewichteter Aktien halten die Indizes wie den S&P 500 nahe den Rekordhochs, während sich viele spekulative Aktien in einer Korrektur oder sogar in einem Bärenmarkt befinden, weil sie bereits mehr als 20 Prozent abgerutscht sind.
Laut Tobias Krieg von Lynx Dealer ist der US-Markt inzwischen vollkommen von einer kleinen Reihe an Schwergewichten abhängig. „Die fünf größten Unternehmen im S&P 500 stehen für 26 Prozent der Marktkapitalisierung, die zehn größten für 34 Prozent“, hat er ausgerechnet. Sollten die wenigen Schwergewichte, die den Markt zusammenhalten, kippen, könnte es ungemütlich werden. Damit sind Aktien wie Apple, Microsoft, Amazon und der Google-Mutterkonzern Alphabet gemeint.
Apple notiert derzeit bereits intestine vier Prozent unter dem Rekordhoch von Anfang der Woche. Im Vergleich zu anderen Tech-Werten hält sich der iPhone-Konzern in einem anspruchsvollen Marktumfeld damit überaus intestine. Besonders schwer hat es am Dienstag Namen aus dem Bereich Software program getroffen. Adobe und Salesforce haben rund sieben sowie vier Prozent verloren.
Auch Microsoft ging am Dienstag 3,3 Prozent schwächer aus dem Handel. Bisher hat der Branchenleader nach Auswertungen der „Neuen Zürcher Zeitung“ dieses Jahr nur an zwei Tagen mehr als drei Prozent verloren. Am gestrigen Dienstag und am 29. September – wenige Tage nachdem die Fed angekündigt hatte, mit dem Tapering Ernst zu machen.
Die spekulativeren Werte sind bereits deutlich abgerutscht. Netflix beispielsweise hat seit der Bestmarke von Mitte November rund 15 Prozent verloren. Der gehypte Chiphersteller Nvidia ist mit einem Minus von mehr als 20 Prozent kurzfristig in einen Bärenmarkt gefallen. Tesla bewegt sich 23 Prozent unter dem Rekordhoch von Anfang November.
Bleiben der Türkei nur Kapitalverkehrskontrollen als Ausweg?
Die bisherigen vier Deviseninterventionen der türkischen Zentralbank seit Anfang Dezember waren bislang nicht nur nutzlos, sondern haben das Gegenteil erreicht. Die Lira fällt immer weiter. So hatten es die Notenbanker am Bosporus am vergangenen Montag mit ihrem dritten Eingriff innerhalb kurzer Zeit noch geschafft, den Greenback zwischenzeitlich auf 13,97 Lira zu drücken.
Doch am heutigen Mittwoch steigt der Greenback erneut auf ein neues Rekordhoch, das nun bei 14,7190 Lira liegt. Damit hat sich der türkische Devisenkurs gegenüber dem Buck quick halbiert. Allein in den vergangenen vier Wochen liegt dieser Wert bei minus 45 Prozent. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Euro, der mit 16,5957 Lira ebenfalls eine neue Bestmarke erreicht hat.
Für die stets intestine informierten Devisenanalysten der Commerzbank sind diese Eingriffe „schlimmer als nutzlos“. Schließlich sei nun jedermann klar, dass die Notenbank einen Teil ihrer mageren Devisenreserven völlig wirkungslos verpulvert hat und damit die Reserven noch geringer sind, als sie es vorher waren. Damit falle es noch schwerer, den Markt mit neuen Interventionen zu beeindrucken.
Zudem hat Präsident Recep Tayyip Erdogan die üblichen nachhaltigen Wege verbaut, um die Lira zu stabilisieren. Er hat sich festgelegt, nicht zu einer stabilitätsorientierten Zinspolitik zurückzukehren, und will auch keine Unterstützung durch den Internationalen Währungsfonds. Und selbst wenn Erdogan wie 2018 wieder kurzfristige Zinserhöhungen zuließe, dürften sie aufgrund mangelnder Glaubwürdigkeit wenig helfen.
So bleibt für Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann nur ein Ausweg: „Ich hoffe, es liegt nur an meiner mangelhaften Fantasie, dass mir außer mehr oder minder drastischen Kapitalverkehrskontrollen kein Szenario mehr einfällt.“
Blick auf die Einzelwerte
Insgesamt sind die Schwankungen bei den Einzelwerten eher gering. Infineon erholt um 1,3 Prozent, nachdem die Investmentbank Kepler Cheuvreux den Technologiebereich ihrer deutschen Empfehlungsliste mit den Papieren des Halbleiterkonzerns besetzt hatte. Papiere von Daimler Truck, des am Freitag vom Daimler-Konzern abgespaltenen Nutzfahrzeuggeschäfts, kamen etwas weiter zurück. Zu 28 Euro gestartet, waren sie tags zuvor bis auf 35,105 Euro nach oben gerannt, bevor Gewinnmitnahmen einsetzten und den Kurs auf 32,20 Euro abrutschen ließen, ein Minus von 2,1 Prozent.
Deutsche Telekom: Konzernchef Timotheus Höttges soll das Unternehmen noch mindestens bis Ende 2026 führen. Bei der Sitzung des Aufsichtsrats am Mittwoch soll das Gremium eine Vertragsverlängerung um weitere fünf Jahre beschließen, hat das Handelsblatt erfahren. Die Aktie zeigt aber kaum eine Reaktion und notiert 0,6 Prozent im Minus.
H&M: Der zweitgrößte Modehändler hinter der Zara-Mutter Inditex hat trotz anhaltender Coronarestriktionen zugelegt. „Trotz anhaltender Beschränkungen und der negativen Folgen der Pandemie lag der Umsatz der H&M-Gruppe in Lokalwährungen wieder auf dem Niveau des vierten Quartals 2019“, hieß es. Dennoch gibt die Aktie am deutschen Aktienmarkt 5,8 Prozent nach.
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