Ein Mann geriet dabei allerdings nahezu in Vergessenheit, und zwar Otto Ernst Remer, der auf der Anklagebank saß. Drei Monate Haft kassierte der Nazi am Ende. Er war der üblen Nachrede und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener für schuldig befunden worden, so Ruth Hoffmann. Die Frage, was der Nationalsozialismus gewesen ist, beantwortete das Gericht ebenfalls – und zwar „schreiendes Unrecht, dessen Beseitigung geboten“ war. Damit war längst nicht jeder einverstanden. „Sie sind doch Verräter“, hatten in Celle, wo Remers SRP sehr stark war, Ewiggestrige im Stadtbild mit Farbschmierereien ihre Meinung kundgetan, so Heiko Buschke in seinem Buch „Deutsche Presse, Rechtsextremismus und nationalsozialistische Vergangenheit in der Ära Adenauer“.
Der Streit und das Gezerre um den 20. Juli war damit noch lange nicht vorbei, auch nicht als die Widerstandskämpfer als Identifikationsfiguren für die neu entstehende Bundeswehr entdeckt wurden. Bis in unsere Zeit hinein reicht die Auseinandersetzung, nun ist es die AfD, die den Widerstand für sich vereinnahmen will, wie Ruth Hoffmann in „Das deutsche Alibi“ eindrücklich darlegt. Das große Verdienst ihres Buches liegt zusätzlich in der Darstellung anderer Richtungen des Widerstands gegen Hitler als den militärischen, verkörpert durch Stauffenberg.
Denn als der spätere Hitler-Attentäter Stauffenberg noch die Machtübernahme der Nationalsozialisten guthieß und in dem vom Diktator begonnenen Krieg kämpfte, hatten andere längst dem Regime Widerstand entgegengesetzt, darunter Sozialdemokraten und Kommunisten. Auch der Schreiner Johann Georg Elser hatte viel früher und viel hellsichtiger als Stauffenberg und Co. erkannt, in welches Inferno Hitler die Welt stürzen würde.
Elsers einsam geplantes und durchgeführtes Attentat auf Hitler scheiterte im November 1939, vier Jahre bevor Stauffenberg aktiv wurde. Elser war eine wahre „Lichtgestalt des Widerstands“, wie der Historiker Wolfgang Benz schreibt.