Schwarze Löcher sind zwar unsichtbar. Trotzdem gelang es Astronomen, ein neues zu finden – ein Monster im Herzen des Kugelsternhaufens Omega Centauri.
- Forscher haben ein mittelschweres Schwarzes Loch im Kugelsternhaufen Omega Centauri entdeckt.
- Die Entdeckung beruht auf der Beobachtung von sieben Sternen, die sich mit extrem hoher Geschwindigkeit bewegen.
- Das Schwarze Loch ist etwa 18.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Bislang war die Existenz mittelschwerer Schwarzer Löcher nur eine Vermutung – belastbare Beweise gab es nicht. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Maximilian Häberle vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg hat den bislang besten Beweis für genau so ein Schwarzes Loch vorgelegt.
Das Team hat in den Archivdaten des Weltraumteleskops Hubble in der Mitte des Kugelsternhaufens Omega Centauri sieben Sterne entdeckt, die sich mit extrem hoher Geschwindigkeit bewegen, berichten die Forscher im Fachblatt „Nature“.
Die schnelle Bewegung der Sterne könne nur die Anziehungskraft eines Schwarzen Lochs erklären, heißt es dort. Aus den Daten schlussfolgern die Astonomen: Das Schwarze Loch im Zentrum von Omega Centauri müsse die 8.200-fache Masse unserer Sonne besitzen.
Das neu beschriebene Schwarze Loch liegt in direkter kosmischer Nachbarschaft zur Erde. Es sei etwa 18.000 Lichtjahre entfernt, erläutert Mitautorin Nadine Neumayer. Damit sei es das nächstgelegene bekannte Beispiel für ein massereiches Schwarzes Loch. Das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Galaxis befindet sich in einer Entfernung von rund 27.000 Lichtjahren.
Schwarze Löcher sind keine unmittelbare Bedrohung für die Erde. Esa-Projektleiter Uwe Lammers sagte auf t-online-Anfrage: „Die mathematische Wahrscheinlichkeit, dass ‚herumwandernde‘, schwarze Löcher für die Erde gefährlich werden können, ist praktisch null.“ Der Grund: Die Dimensionen der Milchstraße seien so gewaltig, dass „eine Kollision vollkommen ausgeschlossen ist.“
Um neue Schwarze Löcher zu finden, hatten Astronomen immer wieder nach solchen rasenden Sternen gesucht – bislang erfolglos. Häberle machte sich erneut auf die Suche. Dabei griff er auf bislang für diesen Zweck ungenutzte Daten des Hubble-Teleskops zurück, das zur Eichung seiner Instrumente immer wieder Omega Centauri fotografiert hatte.
500 Archivbilder aus einem Zeitraum von 20 Jahren standen dem Forscherteam um Häberle zur Verfügung. Die Astronomen vermaßen auf diesen Bildern akribisch die Bewegung von etwa 150.000 Sternen.
„Die Suche nach schnellen Sternen und die Dokumentation ihrer Bewegung glich der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, erklärte Häberle. Am Ende hatte er nicht nur den bislang vollständigsten Katalog der Sternbewegungen in Omega Centauri erstellt, sondern auch sieben Nadeln im Heuhaufen gefunden: sieben Sterne, die sich mit hoher Geschwindigkeit bewegen.
Mit dieser Geschwindigkeit müssten, meint Häberle, die Sterne aus dem Sternhaufen heraus fliegen. Nur die Anziehungskraft eines Schwarzen Lochs mit der 8.200-fachen Sonnenmasse kann die Sterne festhalten, zeigen seine Berechnungen.
Ein Schwarzes Loch mit einer solchen Masse aufzuspüren, ist für die Astronomen von großer Bedeutung. Denn bislang kannten die Himmelsforscher lediglich zwei Arten Schwarzer Löcher.
Kugelsternhaufen sind große kugelförmige Ansammlungen von Sternen, die gravitativ aneinander gebunden sind. Meist handelt es sich um eine Ansammlung von Hunderttausenden bis Millionen Sternen. Kugelsternhaufen sind eine häufige Erscheinung.
Zum einen sind das sogenannte stellare Schwarze Löcher mit bis zu 150 Sonnenmassen. Diese entstehen, wenn große Sterne ihren nuklearen Energievorrat verbraucht haben und haltlos zusammenstürzen. Zum anderen sind da die supermassereichen Schwarzen Löcher in den Zentren von Galaxien mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne.
Diese supermassereichen Schwarzen Löcher sind, so die Vermutung, durch die Verschmelzung kleinerer Schwarzer Löcher mit einigen Tausend Sonnenmassen entstanden. Einige solcher mittelschwerer Schwarzen Löcher sollte es noch heute im Kosmos geben, war die Vermutung – direkte Beweise dafür gab es nicht.
Hier kommt Omega Centauri ins Spiel: Er ist mit zehn Millionen Sternen der größte Kugelsternhaufen der Milchstraße. Am Südhimmel ist er sogar als Fleck mit bloßen Augen zu erkennen. Vermutlich handelt es sich bei Omega Centauri um die ehemalige Zentralregion einer kleinen Galaxie, die vor Milliarden von Jahren mit der Milchstraße kollidierte und dabei ihre äußeren Regionen verloren hat.
Die Idee war: Falls es diese Kollision gab, dann sollte sich ein zuvor im Zentrum der kleinen Galaxie vorhandenes mittelschweres Schwarzes Loch bis heute in Omega Centauri erhalten haben. Und dank der Nähe des Kugelsternhaufens zur Erde lässt sich auch die Bewegung von Sternen dort beobachten.
Die jetzt von Häberle und seinem Team aufgespürten Sterne bestätigen diese Überlegung und liefern damit den bislang besten Beweis für die Existenz mittelgroßer Schwarzer Löcher. Allerdings zeigen die Hubble-Bilder lediglich die Bewegung der Sterne am Himmel und nicht die Bewegung auf uns zu oder von uns weg.
Diese Radialbewegung der sieben rasenden Sterne wollen die Forscher jetzt mit dem Weltraumteleskop James Webb messen und damit letzte Zweifel an der Existenz des Schwarzen Lochs in Omega Centauri ausräumen.