Der FC lässt sich nicht vom Kurs abbringen, zahlt nicht mehr jeden Preis für einen Top-Spieler. Die „Geißböcke“ lassen Davie Selke ziehen. Das ist eine Chance für die Talente aus der zweiten Reihe.
Das ist sein gutes Recht. Doch es ist auch das gute Recht der „Geißböcke“, die Gehaltsstruktur nicht zu sprengen und im Sinne der gesamten Mannschaft kein unmoralisches Angebot vorzulegen. In der Vergangenheit ließ sich der FC dazu verleiten, Stars um jeden Preis zu halten. Das soll es unter Sportchef Christian Keller nicht mehr geben.
In der Vergangenheit gingen diese Entscheidungen kurzfristig auf, belasteten und gefährdeten langfristig aber die Zukunft des Klubs. Selke ist ein weiteres Beispiel dafür, dass sich der Wind am Geißbockheim gedreht hat. Kein Spieler kann mehr fordern, was er will – und wird dafür auch noch belohnt. Alles hat seine Grenzen.
Diese Taktik birgt natürlich auch Risiken. Auch Anthony Modeste bekam 2022 schon aus ähnlichen Gründen kein neues Vertragsangebot. Damals wurde Modeste nicht adäquat ersetzt. Die Folgen sind bekannt, zwei Jahre später steht der FC in der 2. Bundesliga. Nach Selke sollte das diesmal anders laufen – weil der Kader heute ein anderer ist.
Denn im Gegensatz zu 2022 stehen heute bereits mehrere Angreifer im Schatten Selkes in den Startlöchern. Nun, da der Platzhirsch weg ist, bekommen sie ihre Chance. Steffen Tigges, der zwei harte Bundesliga-Jahre hinter sich hat und nun auf Zweitliga-Niveau zeigen will, dass er es doch kann. Tim Lemperle, der dies bereits in der vergangenen Saison in der Zweiten Liga bewiesen hat. Und Damion Downs, der in der Rückrunde als Joker bereits zwei Bundesliga-Tore erzielen konnte und nun auf einen Stammplatz schielt.
Drei Angreifer, zusammen mit Youngster Jaka Cuber Potocnik sogar vier: Ein Quartett, welches nun ein halbes Jahr Zeit bekommt, sich in den Vordergrund zu schießen, ehe die „Geißböcke“ wieder auf dem Transfermarkt tätig werden können. Im besten Fall tun sie Sportchef Keller den Gefallen und zeigen ihm, dass dies gar nicht nötig sein wird.
Die Fans können Selkes Abschied nur bedingt nachvollziehen. Schon gar nicht seine Kritik an der Kölner Vereinsführung. Auch die Anhänger spüren, dass insbesondere mit den beiden Eigengewächsen Lemperle und Downs zwei hungrige Stürmer heranwachsen, die dem FC noch viel Freude bereiten könnten. Das Selke-Aus in Köln ist ihre Chance. Sollten sie diese ergreifen, dürfte der Stürmer mit der Nummer 27 bald vergessen sein. Schneller zumindest, als sein Vorgänger mit der Nummer 27, Anthony Modeste.