Die Haushaltskrise der Bundesregierung geht mit einem scharfen Sparkurs einher. DGB-Chefin Fahimi pocht darum auf eine Reform im Charakter eines neuen Generationenvertrages.
Yasmin Fahimi, Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), pocht angesichts des großen Bedarfs an öffentlichen Investitionen in Deutschland auf eine überparteiliche Anstrengung zur Reform der Schuldenbremse. „Der Investitionsstau der vergangenen Jahrzehnte muss abgebaut werden“, sagte Fahimi der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Ich halte deshalb einen neuen, parteiübergreifenden Konsens in Sachen Schuldenregelung und Sondervermögen für dringend notwendig.“
Die Vorsitzende des Gewerkschaftsbunds forderte „eine sehr grundsätzliche Reform“ der Schuldenbremse. „In ihrer jetzigen Form ist sie zukunftsblind und wirkt kontraproduktiv.“ Zumindest sollten sich die demokratischen Parteien im kommenden Jahr auf einen Sonderfonds für Investitionen in die Infrastruktur verständigen, der im Grundgesetz abgesichert werden solle. „Das hat dann den Charakter eines neuen Generationenvertrages: Heute stellen wir kreditfinanzierte Investitionen sicher, damit daraus künftig umso mehr Wohlstand entstehen kann.“
Union und FPD nicht zu Reform bereit
Für die Umsetzung dieser Vorschläge wäre aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag nötig, die angesichts der ablehnenden Haltung von Union und FDP zu solchen Schritten nicht absehbar ist. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im November die Umwidmung von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds für nichtig erklärt hatte, waren Milliardenlöcher im Bundeshaushalt entstanden. SPD, Grüne und FDP einigten sich nach wochenlangem Streit schließlich auf ein umfassendes Sparpaket.
Fahimi mahnte: „Wer sich nur in billige Sparappelle flüchtet, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, einem zerstörerischen Populismus den Boden zu bereiten.“ Sie habe keine Zweifel daran, dass die Koalition weiter Bestand haben werde. „Ich hoffe allerdings sehr, dass die Ampel-Parteien im neuen Jahr die Kraft aufbringen, entschlossen auf dem Weg weiterzugehen, den sie mit der Regierungsbildung 2021 eingeschlagen hatten, nämlich eine Koalition des Fortschritts für alle sein zu wollen.“
„Wir brauchen Akzeptanz der Bevölkerung“
Deutschland stehe in einem historischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft – und das mitten in anhaltenden Krisen der Welt. Klimaneutralität müsse so erreicht werden, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie-Standorte erhalten bleibe. „Gleichzeitig brauchen wir dafür Akzeptanz in der und Fortschritt für die gesamte Bevölkerung.“
„Wir haben einen Riesen-Nachholbedarf in der Infrastruktur unseres Landes“, sagte Fahimi. Dies betreffe Schulen und Kitas, das Pflege- und Gesundheitssystem, die Straßen und alle Formen der Mobilität. „Diesen Modernisierungsstau müssen wir auflösen, während zeitgleich die Jahrhundertaufgabe der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft gelöst werden soll.“
„Alle demokratischen Kräfte zusammenwirken“
Unter anderem der Ausbau von Stromleitungen, der Aufbau von Wasserstoffnetzwerken und ein attraktives System öffentlicher Mobilität brauche ausreichende Finanzierung. „Dabei geht es vor allem um die nächsten 10 bis 20 Jahre“, sagte Fahimi. „Um all das zu schaffen, müssen jetzt alle demokratischen Kräfte zusammenwirken, die in unserem Land Verantwortung tragen.“
Öffentliche Förderungen sollten an Standortvereinbarungen und Tarifverträge gebunden sein. „Die Wirtschaft muss wissen, was der Bauplan Transformation bis 2030 vorsieht, aber auch bereit sein, sich auf verbindliche Verabredungen und eigene Investitionen einzulassen“, sagte Fahimi. „Wenn so ein Sonderfonds zur Transformation eingerichtet ist, kann sich der Staat in seinem Kernhaushalt auch wieder darauf konzentrieren, wie mit den normalen Steuereinnahmen eine gute Staatstätigkeit finanziert werden kann.“