Franz Müntefering rät der Politik, sich mehr um die Belange älterer Menschen zu kümmern. Ein festes Renteneintrittsalter hält er für nicht praktikabel.
Der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering fordert angesichts der hohen Zahl an AfD-Wählern unter älteren Menschen von der Politik mehr Gehör für die Belange dieser Bevölkerungsgruppe. „Die Ansage, wir geben euch jetzt 20 Euro mehr Rente und dann haltet ihr den Mund, die löst nicht das Problem“, sagte Müntefering der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwochsausgabe). „Die Einsamkeit in diesem Land wächst und wächst. Wir brauchen unbedingt in allen Kommunen Seniorenbeiräte.“
Diese Beiräte sollten dann auch an Gemeinderatssitzungen teilnehmen oder „zumindest gehört“ werden, sagte der 83-Jährige weiter. Sie sollten mit Anträgen auf ihre alltäglichen Probleme hinweisen können. Als Beispiele nannte Müntefering zu enge Ampelschaltungen, um es rechtzeitig über die Straße zu schaffen, oder dass mitten in der Stadt Toiletten fehlten und auch Orte, um sich auszuruhen.
Müntefering: Renteneintrittsalter ein „kulturhistorischer Irrtum“
Er könne der Politik nur empfehlen: „Wendet euch mehr diesem älteren Publikum zu. Die Älteren werden erheblich mit darüber entscheiden, wie stark die AfD wird.“ Müntefering mahnte: „Die AfD spricht auch Rentner bereits gezielt an.“ Gerade in Ostdeutschland würden sich Regionen mit einem überproportional großen Anteil alter, allein lebender Menschen herausbilden.
Der frühere SPD-Vorsitzende und Bundesarbeitsminister plädierte außerdem für flexiblere Rentenmodelle, zumal in vielen Bereichen Fachkräfte fehlen. „Heute sind etwa 15 Prozent der Menschen, die eigentlich Rentner sind, noch erwerbstätig. Warum werden wir da nicht insgesamt flexibler“, fragte der frühere Bundesminister und Vizekanzler. Es sei ein „großer kulturhistorischer Irrtum, ein festes Renteneintrittsalter für alle festzulegen“.