Herr Brandenburg, können Sie uns als Staatssekretär sagen, was Deutschland unternimmt, um den Transfer wissenschaftlicher Forschung in die Praxis zu fördern?
Forschung und Entwicklung (FuE) sind ein Schlüssel für unseren Wohlstand und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Deshalb halten wir an unserem ehrgeizigen Ziel fest, den Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt bis 2025 auf 3,5 Prozent zu steigern. Mit einer FuE-Quote von 3,13 Prozent im Jahr 2022 gehört Deutschland bereits heute zu den Ländern mit den höchsten FuE-Ausgaben in Europa. Und diesen Weg wollen wir weiterverfolgen: Denn die Ergebnisse von Forschung und Wissenschaft müssen auch in die Praxis umgesetzt werden und wirken auf Gesellschaft und Wirtschaft. Daher muss die konsequente Überführung von Forschungsergebnissen in die Praxis noch stärker vorangetrieben werden. Transfer ist eine kompetenzübergreifende Aufgabe, wenn es um die Verfolgung einer zukünftigen Strategie im Bereich Forschung und Innovation geht. Ziel ist es, eine neue Transfer- und Gründungskultur zu schaffen. Mit DATIpilot und DATI gehen wir hier einen großen Schritt in die richtige Richtung.
Was sind die wichtigsten Ziele der Agentur für Transfer und Innovation (DATI)?
Ziel von DATI ist es, einen schnellen und effektiven Transfer der Ergebnisse angewandter Forschung an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen sicherzustellen und so die Transferkultur in ganz Deutschland zu stärken. Hierzu entwickelt DATI bedarfsgerechte Förderprogramme und weitere Transferunterstützungsangebote – etwa durch Informations- und Beratungsangebote für Transferakteure und eine systematische Vernetzung. DATI verfolgt dabei einen möglichst ergebnisoffenen Ansatz, der alle bundesweiten Transfer- und Innovationsakteure einbezieht und sowohl technologische als auch soziale Innovationen berücksichtigt. Zudem arbeitet DATI eng mit bereits etablierten Strukturen im Bereich Transfer und Innovation zusammen, um sich in das bestehende Transferökosystem einzugliedern. Insgesamt ist es Ziel von DATI, einen wesentlichen Beitrag zur Lösung ökonomischer, sozialer und ökologischer Probleme in Deutschland zu leisten.
Was wurde im Bereich Wissenstransfer bisher erreicht?
Beispiele für erfolgreichen Transfer gibt es in Deutschland viele. Wie wichtig Transferförderung ist, zeigt auch die Förderrichtlinie DATIpilot: Wir konnten damit eine sehr hohe Nachfrage in der Wissens-, Technologietransfer- und Innovationslandschaft Deutschlands generieren. Wir haben fast 3.000 Skizzen für Innovationssprints, also schnelle Transferprojekte, und fast 500 Ideen für Innovationsgemeinschaften erhalten. Diese Dynamik will DATI weiter ausbauen. Ein Beispiel hierfür ist die erfolgreiche Entwicklung eines mRNA-Impfstoffs während der COVID-19-Pandemie. Biontech hat mit der Entwicklung seines COVID-19-Impfstoffs Menschen auf der ganzen Welt die Rückkehr in ein normales Leben ermöglicht und sich vom einstigen Gewinner der GO-Bio-Gründerinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu einem der größten deutschen Biotech-Unternehmen entwickelt.
Wie können Gründungen und Innovationen durch Wissenstransfer unterstützt werden, um das Innovationspotenzial in Deutschland zu stärken?
Die Bundesregierung hat erstmals eine umfassende Gründungsstrategie beschlossen, mit der das Gründungsökosystem gestärkt werden soll. Ein Schwerpunkt der Strategie sind innovative Gründungen und insbesondere Ausgründungen aus dem deutschen Forschungssystem. Diese stehen oft vor besonderen Herausforderungen, wie etwa der Übertragung von IP-Rechten aus Forschungseinrichtungen. Hier wollen wir gezielt unterstützen. Im vom BMBF geförderten Pilotprojekt IP-Transfer 3.0 der Bundesagentur für Sprunginnovationen, SPRIND GmbH, entwickeln und implementieren Forschungseinrichtungen neue Modelle für einen effizienteren IP-Transfer und erproben bislang wenig oder gar nicht genutzte Ansätze wie das virtuelle Beteiligungsmodell.
Wie wichtig ist die internationale Zusammenarbeit beim Wissenstransfer?
Wir stehen vor drängenden globalen Herausforderungen. Wenn wir die Lösungen proaktiv mitgestalten und alles daran setzen wollen, technologische Souveränität zu erhalten und auszubauen, ist es für uns unerlässlich, in globale Wissensflüsse und Innovationsprozesse eingebunden zu sein. Deutschland unterhält zahlreiche erfolgreiche Wissenschafts- und Forschungspartnerschaften mit Ländern in der EU und weltweit. Damit sichern und steigern wir die Innovationskraft in Deutschland und Europa. Zugleich müssen wir das Risiko unerwünschter Abflüsse bei sensiblen Technologien verringern.