Nach elf Jahren als Ministerpräsidentin ist Schluss für die 63-Jährige. Nachfolger von Malu Dreyer wird Minister Alexander Schweitzer – und es gibt auch einen Wechsel an der SPD-Landesspitze.
Elf Jahre nach ihrer Kür zur rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin hat Malu Dreyer (SPD) ihren Rückzug angekündigt. Die 63-Jährige begründete den Schritt in Mainz damit, dass ihr die Kraft ausgehe. Nachfolger Dreyers soll der 50-jährige Arbeits- und Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) werden, seine Wahl im Landtag ist am 10. Juli geplant. An der Spitze der Landes-SPD wird Fraktionschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler auf Roger Lewentz folgen, voraussichtlich bei einem Parteitag im November.
Dreyer sprach von einer schweren Entscheidung. „Ich gehe mit schwerem Herzen, weil ich nicht amtsmüde bin“, sagte sie. Ihr gehe die Kraft aus. „Ich bin 63, also noch nicht uralt. Aber ich muss mir eingestehen, es ist nicht mehr so wie mit 50.“ Weiter sagte Dreyer sichtlich bewegt: „Meine Akkus laden sich nicht mehr so schnell auf.“ Die 63-Jährige hat Multiple Sklerose (MS), geht offen mit ihrer Krankheit um, nannte sie aber nicht im Zusammenhang mit dem Rücktritt. Die Entscheidung zum Rücktritt sei in den vergangenen Wochen gereift, sagte Dreyer.
Schweitzer sagte, es gehe eine Ära zu Ende. „Es sind sehr große Fußstapfen, in die ich trete.“ Es gebe einen hervorragenden Koalitionsvertrag, den er weiter umsetzen wolle. Als andere Persönlichkeit werde er auch andere Akzente setzen. Er wolle aber auch nach 2026 mit der Ampel-Koalition weitermachen. Sein Nachfolger im Ministeramt steht noch nicht fest. Dafür sei es noch zu früh, sagte Schweitzer. Eine Kabinettsumbildung werde es nicht geben. Der Familienvater sagte weiter mit Blick auf den Karrieresprung: „Meine Frau trägt es mit großer Fassung. Wir kennen uns seit Schulzeiten.“ Mit Bätzing-Lichtenthäler werde er gut zusammenarbeiten, er kenne sie bereits seit Juso-Zeiten.
Die Ankündigung Dreyers kommt anderthalb Wochen nach der Schlappe der Sozialdemokraten bei der Europawahl und den Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz. Die SPD war bei der Europawahl am 9. Juni im Land auf 17,5 Prozent abgesackt, ein Minus von 3,8 Prozentpunkten. Bei den zeitgleichen Kommunalwahlen büßten die Sozialdemokraten 2,4 Prozentpunkte ein und kamen landesweit auf 20,2 Prozent.
Es war schon seit längerem über einen Rückzug Dreyers spekuliert worden. Als mögliche Nachfolger waren neben Schweitzer auch Innenminister Michael Ebling (SPD) und die derzeitige Landtagsfraktionschefin Bätzing-Lichtenthäler, die nun SPD-Landeschefin wird, gehandelt worden.
Die nächste Landtagswahl in Rheinland-Pfalz ist turnusgemäß im Frühjahr 2026. Schweitzer hat damit die Chance, bereits als profilierter Regierungschef in diese Wahl zu gehen. Politikwissenschaftler Uwe Jun bescheinigte Dreyer, einen guten Zeitpunkt für den Rücktritt gewählt zu haben. Knapp zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl im Land habe ihr Nachfolger genug Zeit, sich in das Amt einzuführen, sagte Jun der dpa.
Die 63 Jahre alte Dreyer ist seit 2013 Regierungschefin in Rheinland-Pfalz. In dem Amt folgte sie damals auf Kurt Beck, führte zunächst eine rot-grüne Landesregierung an und seit 2016 eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP an, die – anders als die auf Bundesebene – weitgehend geräuschlos agierte.
Mit Dreyers Rückzug sinkt die Zahl der Frauen an der Spitze der 16 deutschen Bundesländer von drei auf zwei. In Mecklenburg-Vorpommern ist Manuela Schwesig Ministerpräsidentin, im Saarland ist es Anke Rehlinger (beide SPD).