Sollte die AfD verboten werden? Eine Gruppe von Abgeordneten denkt, dass es dafür ausreichend Gründe gibt. Sie hat nun einen Antrag bei der Bundestagspräsidentin eingebracht. 113 Erstunterzeichner ziehen bisher mit.
Der Startschuss ist gefallen: Eine Gruppe Bundestagsabgeordneter um den CDU-Politiker Marco Wanderwitz hat am Mittwoch einen Antrag auf Start eines AfD-Verbotsverfahrens bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) eingebracht. Das teilte Wanderwitz t-online mit.
113 Erstunterzeichner unterstützen den Antrag. Am stärksten sind dabei die Grünen mit 55 Abgeordneten vertreten. Es folgt die SPD mit 32, die Linke mit 18, die CDU mit sieben Abgeordneten sowie ein Abgeordneter des Südschleswigsche Wählerverband (SSW).
Wanderwitz hatte den Antrag mit einer Gruppe von Abgeordneten verschiedener Fraktionen ausgearbeitet. Im Oktober, vor dem Aus der Ampelkoalition, hatte Wanderwitz erklärt, der Antrag auf ein AfD-Verbot könnte bereits im Dezember oder Januar im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden.
Nur Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung können die Prüfung auf Verfassungswidrigkeit einer Partei und ihr Verbot beim Bundesverfassungsgericht initiieren. Das Gericht fällt die Entscheidung. Das Verfahren gilt als langwierig und kann sich über Jahre ziehen.
Am Mittwoch teilten die Initiatoren des Antrags der Presse per Mail mit: Aus gutem Grund biete das Grundgesetz diese Möglichkeit. Die Voraussetzungen dafür seien zurecht hoch. Die Abgeordneten seien sicher, dass sie im Fall der AfD gegeben seien. „Wir sind davon überzeugt, dass die AfD keine Partei, die ein bisschen rechts steht. Das sind Verfassungsfeinde, das sind Feinde unserer Demokratie.“
Bereits nach dem Ampel-Aus und einer Razzia bei der Terrorgruppe „Sächsische Separatisten“ drängte Wanderwitz auf Eile: „Wir haben nach wie vor das Ziel, in dieser Legislaturperiode den Antrag einzubringen und abzustimmen und damit das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht in Gang zu bringen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Die „Sächsischen Separatisten“ haben sich laut Bundesanwalt mit Schießtrainings auf einen Staatsstreich vorbereitet. Drei der bei der Razzia gegen die Gruppe Festgenommenen waren Mitglieder der AfD und ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“. Nach der Razzia hat der AfD-Bundesvorstand ungewöhnlich rasch beschlossen, sie aus der AfD ausschließen zu wollen. Auslöser dafür war auch die Sorge vor dem Verfassungsschutz und einem Verbotsverfahren.
Die Initiatoren des Antrags auf ein AfD-Verbotsverfahren stammen aus verschiedenen Parteien und stehen wegen der Neuwahlen unter Druck. Im nächsten Bundestag dürften die Mehrheiten anders liegen, AfD und CDU/CSU stärker vertreten sein. Das schmälert die Aussichten auf Erfolg – die AfD lehnt den Antrag naturgemäß ohnehin ab, in der Union zeigt man sich äußerst skeptisch.
Ob der Antrag bei der aktuellen Zusammensetzung des Parlaments mit seinen 733 Abgeordneten eine Mehrheit erhält, ist fraglich. In allen Parteien gibt es Zweifler und Kritiker an dem Vorgehen. Manche Abgeordnete lehnen ein Verbotsverfahren gegen eine so große Partei wie die AfD per se ab. Bei anderen herrscht die Sorge vor, dass der Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern und die AfD daraus Nutzen ziehen könnte.
Eine Rolle für die Erfolgsaussichten des Antrags spielt auch die Einschätzung des Verfassungsschutzes. Eigentlich hatte der Präsident des Bundesamts, Thomas Haldenwang, angekündigt, dass das Bundesamt in den kommenden Wochen bekannt gibt, ob es die AfD vom „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ höherstuft, hin zu „gesichert rechtsextrem“. Für die Antragsteller wäre das ein wichtiges Signal gewesen. Mehrere Abgeordnete hatten angekündigt, die Einschätzung des Verfassungsschutzes abwarten zu wollen.
Nach übereinstimmenden Medienberichten soll es dazu nun aber nicht mehr in diesem Jahr kommen. Der Grund sind die in wenigen Monaten anstehenden Neuwahlen. Aus Sicherheitskreisen heißt es, im Umfeld von Wahlen sei Zurückhaltung geboten. Haldenwang, der scharfer Kritiker der AfD ist, hat zudem gerade angekündigt, für die CDU bei der Bundestagswahl antreten zu wollen. Am Mittwoch teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit, dass er deswegen die Amtsgeschäfte als Präsident des Verfassungsschutzes „ab sofort“ nicht mehr wahrnehme.